Elira sah ihm nach und holte ihre Zunderbüchse hervor. Machte gemächlich ein kleines Häufchen aus dem leichten Material unter den kleinen trockenen Zweigen und schlug Funken mit zwei Feuersteinen. Sie liess sich Zeit mit Feuermachen, doch nach einigen Minuten hatte sie es geschafft. "Wie findest du Egraz eigentlich?", fragte sie dann Kraigor und setzte sich zu ihm.

Kraigor beobachtete sie amüsiert beim Feuermachen. Als Feuerdämon war er kulturell bedingt sehr geschickt im Umgang mit Feuer und Elira brauchte sehr lange um es zu entzünden, aber er ließ sie machen. Er wollte nicht klugscheißen.
"Egraz?", antwortete er. "Hmm. Er tut ziemlich mysteriös und geheimnisvoll, er hat irgendein Problem, sonst würde er sich nicht immer so verdecken und so komisch reden. Er scheint mir an sich in Ordnung zu sein, ich finde ihn vertrauenswürdig und auch ganz nett soweit, aber eben etwas eigenartig. Ich würde nicht lange mit ihm alleine durch die Wildnis streifen wollen, aber nicht weil ich Angst hätte, sondern...weil er...weil er...", er suchte nach dem passenden Wort "weil er anders ist. Er könnte mehr aus sich machen, aber es ist seine Sache und so Waldläufer wie ihn muss es auch geben."
Er kaute auf einem Grashalm rum, dann fragte er. "Glaubst du, die Drachenberge sind noch sehr weit von uns weg?"

"Du bist auch anders", lachte Elira zuerst. "Aber du hast recht, irgendetwas verheimlicht er. Ich weiss nicht was, aber es hat mit Tanue zu tun... Die Drachenberge", sie überlegte. "Ja, weiter im Osten. Fünf oder sechs Wochen zu Fuss? Ich weiss nicht genau vielleicht mehr, vielleicht weniger... Kommst du von dort?"

Das war weiter, als er gedacht hatte. Wären sie zu nahe dort vorbeigekommen, hätte er sich womöglich dazu hinreißen lassen, zurück in die warme Steppe zu kehren.
"Aus der Nähe von dort", antwortete er. "Noch ein Stück weiter südlich. Und wenn Egraz was mit Tanue verheimlicht, bin ich ja wirklich gespannt darauf. Ich dachte, es wäre eine verlassene Ruinenstadt..."
Er klopfte mit den Fingern auf dem Boden herum, wie auf Trommeln.
Er war auch anders. Natürlich war er das. Aber er hätte zu gerne gewusst ob sie ihn positiv anders oder negativ anders einstufte. Vermutlich positiv, sie hatte ja gelacht.
Aber trotzdem...die Ungewissheit blieb.

"Ich schätze, dass Tanue ganz anders sein wird, als das was wir davon erwarten. Wir können nur hoffen, dass uns Egraz nicht in den Rücken fällt oder uns seit Anfang an in eine Falle führt...", meinte sie und sah sich um. Sie sah nicht nur mit den Augen, sondern konzentrierte ihre Sinne, Egraz war noch nicht zurück. "Wenn wir das Dorf erreichen, kauf dir Waffen mit denen du gut umgehen kannst."

Er nickte. "Glaubst du, er hätte uns so lange was vorspielen können?"
Es freute ihn, dass er mal wieder ohne Egraz mit Elria reden konnte wie zu Beginn ihrer Reise, die auch schon ewig her zu sein schien.
Waffen, mit denen er umgehen konnte. Das war ein Säbel. Aber hatte er überhaupt noch genug Geld für einen Säbel? Er wusste es nicht. Aber er hatte ja noch seinen. Und die Messer. Mehr brauchte er nicht, weil er nicht mit besonders vielen Waffen umgehen konnte.

(Weiß einer von euch ob Kraigor einen Säbel dabeihatte die ganze Zeit? Ich meine nämlich schon, bin mir aber nicht ganz sicher )

(hatte er...glaub ich..x) )

"Jemand wie er hat die Ausbildung dazu", meinte sie schlicht. Die Egraz schienen ihr ähnlich, wie die Assassinen. Die Besten der Assassinen. Und wenn Aion eine Legende bei ihnen war, dann musste er etwas mit ihnen zu tun gehabt haben. Elira hatte die Reise über versucht sich an jedes Detail zu erinnern, das Ran ihr genannt hatte. Aion war Akkayas, also Rans, Ehemann gewesen. Mit fünfundzwanzig schon einer der bekanntesten Gelehrten. Er hatte Akkaya gesucht und in Loney gefunden. Hatte fünf Jahrzehnte mit ihr verbracht, bis er sie verraten hatte. Wie genau, wusste Elira nicht. Die Splitter waren Teile von Aions Seele. Sie wurden von seinen Anhängern, Nachfahren und Fanatikern der Schwarzen Künste gesucht. Nur Nachkommen der direkten Linie konnten neben Ran die Erinnerung in den Splittern durch eine Berührung sehen. Die anderen mussten zuerst Aions Geist brechen, zähmen oder anbetteln... In alten Schriften hatte sie gelesen, dass er die Assassinen mitbegründet hatte, aber dass es Differenzen zu dem Thema mit dem damaligen König Dreitans gab. Aions Ideen waren ihm zu extrem gewesen. Mehr wusste sie nicht. Sie hatte einige Vermutungen, aber solange es nur Vermutungen waren, brauchte sie nicht viel über dieselben nachzugrübeln. Es stand aber fest, dass die Egraz einiges über Aion zu wissen schienen. Vielleicht würde sie noch mehr aus einem von ihnen herausquetschen können, aber die Wahrscheinlichkeit war minim. In Tanue könnte sie vielleicht mehr erfahren.
Ein Schauder lief ihr den Rücken hinab. Aion und Tanue. Ein Gefühl sagte ihr, dass das Wissen um beide recht gefährlich war.

Elira horchte auf, als sie einen Ast knacken hörte. Egraz kam mit seiner Beute zurück. Ein Schneehuhn. Das würde reichen für den Abend. "Du warst erfolgreich", meinte sie nur und streckte ihre Beine aus.