#501

RE: Tanue (Ruinenstadt am Tsar)

in Dreitan - das Spiel 27.10.2014 02:14
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Dreshar fuhr auf, als er den Brandgeruch bemerkte. Verdammt, liess ihn denn heute gar nichts und niemand schlafen? Es dauerte einige Augenblicke, bis er begriff, dass der Geruch aus seiner Gürteltasche kam. Hastig schnürte er sie auf, kippte den Inhalt aus und schob ihn auseinander, wobei er sich promt die Finger an dem schwelenden Säckchen verbrannte. Fluchend stiess er es auf den Boden um zu verhindern, dass es die Decke in Brand steckte und verpasste ihm mit der Stiefelspitze einen Stoss, der es gegen die steinerne Wand kullern liess. Sollte es doch dort vor sich hin glühen. Er wollte jetzt schlafen!


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#502

RE: Tanue (Ruinenstadt am Tsar)

in Dreitan - das Spiel 27.10.2014 02:18
von Randreyah | 11.751 Beiträge

Die Splitter glühten weiter, bis Dreshar sie auseinander schob. Dann erloschen sie und die Erinnerungen schwiegen und würden eine Weile weiter schweigen, denn sie hatten ihre Reserven fast ausgeschöpft und die Seele darin schlief.


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#503

RE: Tanue (Ruinenstadt am Tsar)

in Dreitan - das Spiel 29.10.2014 04:36
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

3 Tage später

Wieder war der Orden versammelt in der grossen Halle. Der Tisch des Rates wirkte leer, mit den zwei Leuten, die dort sassen, denn Alamis hatte sich immer noch nicht von dem Schuss in den Bauch erholt, obwohl die Heiler Dreshar versichert hatten, dass sie es überleben würde. Dreshar stand am Podium, schwer gestützt auf seine Krücke. Er war müde, auch wenn er versuchte es sich nicht anmerken zu lassen. Und ein Teil von ihm fürchtete sich vor dem Ende der heutigen Versammlung.
Die Wahlen für den Rat sollten heute stattfinden. Das Verfahren kannte jeder, es war immer dasselbe, wenn ein neues Mitglied gewählt werden musste: jeder Falke hatte das Recht, einen anderen für die Wahl vorzuschlagen, der ihm geeignet erschien. Der Vorgeschlagene konnte die Nominierung annehmen oder ausschlagen. Und aus allen Nominierten würde die Mehrheit der Reihe nach die neuen Mitglieder wählen.
Dreshar eröffnete die Wahlen mit einer kurzen Rede und gab dann das Wort an die Gemeinschaft, für die Vorschläge. Eine Weile lang schwiegen alle, dann trat jemand vor und schlug eine Frau vor, die jedoch ablehnte. Als nächster sprach Tanduin und schlug Agariz vor, der den Vorschlag nach einigen Sekunden des Nachdenkens annahm und die Treppen hinunter in die Mitte stieg.
Zwei weitere Vorschläge folgten, von denen einer angenommen wurde, der andere nicht, dann schlug jemand Dreshar vor. Er lehnte ab. Ein Murmeln ging durch die Reihen, schliesslich trat Isinja vor. "Evereya Onazil."


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#504

RE: Tanue (Ruinenstadt am Tsar)

in Dreitan - das Spiel 29.10.2014 04:49
von Randreyah | 11.751 Beiträge

Der Vorschlag traf sie wie kaltes Wasser. Evereya war so überrumpelt, dass sie Isinja nur anstarrte. Hunderte Zweifel rasten ihr durch den Kopf. Doch eigentlich wollte sie es. Ja. Aber war die Aufgabe nicht zu gross? Immerhin war sie gut darin Befehle zu befolgen. Aber sie zu erteilen. Ihr Blick huschte zu Rion. Nun, sie hatte es immerhin geschafft dafür zu sorgen, dass die kleine Quappe auf sie hörte. Sie atmete aus. "Ich nehme an", verkündete sie dann und trat zu den anderen Vorgeschlagenen.


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#505

RE: Tanue (Ruinenstadt am Tsar)

in Dreitan - das Spiel 29.10.2014 05:25
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Zwei weitere Vorschläge wurden gemacht und angenommen. Dann trat Anacher vor. "Dreshar Asil."
"Ich lehne ab", wiederholte Dreshar, ohne mit der Wimper zu zucken.
Wieder Gemurmel. Warum nahm er nicht an? Er hatte die Revolution angeführt. Der Orden wollte ihn im Rat, vor allen anderen. Aber er schlug auch ein drittes Mal aus und ein Viertes. Aus zwei Gründen. Einer war der, dass er es nicht wollte. Dass er Angst hatte vor der Verantwortung. Er hatte sie gespürt, die letzten Tage, und er war froh, sie wieder abzugeben, auch wenn er unsicher war, wie es dann weitergehen sollte. Der zweite war, dass er ein Versprechen gegeben hatte. Und wen es sein musste, würde er dieses Versprechen halten.
Weitere Vorschläge gingen ein und am Ende standen knapp zwei Dutzend Männer und Frauen in der Mitte, für die Neun freien Ratssitze. Dreshar rief einige Leute aus den verschiedenen Kohorten zu sich als Zähler, dann begannen die Abstimmungen. Als erster wurde ein älterer Mann gewählt, den Dreshar nicht persönlich kannte, der aber eine sehr gewissenhafte und ruhige Ausstrahlung hatte, dann eine Frau aus dem Rudel. Als dritter Agariz, was Dreshar überraschte, denn Agariz war kaum älter als er selbst und somit verdammt jung für den Posten, aber er hatte sich während der Kriecherangriffe der letzten Tage einen guten Namen gemachr als einer, der die richtigen Befehle erteilte und überlegt handelte.
Wie die anderen beiden vor ihm, legte er den Schwur ab, Tanue, das Herz und den Orden mit all der Kraft seines Geistes, seines Wissens und seiner Taten zu schützen und im Besten zu leiten, bevor er die Stufen hinaufstieg und sich auf einen der Plätze hinter dem langen Tisch setzte. Sechs weitere wurden gewählt - Evereya war leider nicht unter ihnen - und folgten ihm. Der Rat war wieder vollständig. Dreshar hoffte, dass sie gut miteinander auskommen würden und dass niemand versuchte, wieder irgendeine Mauschelei zu beginnen. Zumindest aber bei Agariz konnte er sich sicher sein, dass er sich in nichts würde hineinziehen lassen, und es sofort aufdecken wenn er es sah, das wusste Dreshar, und es beruhigte ihn ungemein, das der Freund gewählt worden war.


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#506

RE: Tanue (Ruinenstadt am Tsar)

in Dreitan - das Spiel 29.10.2014 05:31
von Randreyah | 11.751 Beiträge

Evereya war doch ein kleiner Stein vom Herzen gefallen, als man sie nicht gewählt hatte. Sie ging zurück zu den anderen und wartete darauf, dass man die Versammlung aufhob. Dreshar ergriff wieder das Wort.


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#507

RE: Tanue (Ruinenstadt am Tsar)

in Dreitan - das Spiel 31.10.2014 18:35
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Dreshar trat vor, aber er brauchte zwei Anläufe, bis er einen Ton herausbrachte. "Ich danke euch allen für die Wahlen, die ihr getroffen habt, und ich danke den neuen und alten Mitgliedern des Rates, dass sie bereit sind, die Verantwortung dieses Amtes auf sich zu nehmen."
Er nickte den Betreffenden zu und schwieg einen kurzen Moment, dann fuhr er fort: "Ich wurde heute mehr als einmal vorgeschlagen für ein solches Amt, und manche von euch fragen sich vermutlich, warum ich abgelehnt habe. Dafür gibt es einen Grund. Dieser Grund ist, dass ich vor vierzehn Tagen hier ein Versprechen gegeben habe, Ratsmitglied Alamis und euch allen. Das Versprechen, dass ich den alten Rat nicht stürzen wollte, um meinem Urteil zu entgehen. Das Versprechen, dass ich dieses Urteil annehme, ohne mich zu wehren, wenn nur der Orden wieder geeint ist. Ich halte meine Versprechen. Hängt mich, wenn ihr wollt."
Er ging auf ein Knie, nahm den Bogen ab und legte ihn zusammen mit der Krücke auf den Boden, dann wartete er, mit gesenktem Kopf. Darauf, dass jemand etwas sagte. Darauf, dass jemand aufstand, ihn packte und in den Nebenraum zerrte, wo der Galgen stand. Darauf, dass irgendetwas passierte. Aber es geschah nichts. Er versuchte dem Drang zu widerstehen, sich auf die Unterlippte zu beissen, damit sie nicht zitterte. Eigentlich rechnete er nicht damit, dass sie ihn hängten. Aber er fürchtete sich davor, was war, wenn sie es doch taten. Würde er wirklich die Nerven behalten? Und dann, dann wäre er einfach tot..?
Als die Stille unterträglich wurde, hörte er das Rascheln von Kleidern, als jemand aufstand. Er schloss die Augen, wagte nicht hinzusehen, während der jemand einen Schritt von den Stufen weg und auf ihn zu machte. "Dreshar Asil!"
Er blickte auf. Es war Anacher Mariz, der Mann, dem er am Nebelsee begegnet war.
"Ich kann nur für mich selbst sprechen", sagte er fest. "Aber ich denke, ich spreche aus den Herzen aller hier, wenn ich sage, dass du keine Verbrechen begangen hast, die es wert wären zu sterben. Und ich denke, das selbe tue ich, wenn ich sage, dass wir alle dich lieber dort oben am Tisch, als Vorsitzender des Rates sehen würden, als an einem Galgen. Du hast uns die Augen geöffnet. Du hast uns hierhergeführt. Und ich spreche es aus, wenn niemand anderes es tut: wir brauchen dich, um diesen Weg weiter zu gehen! Dich zu hängen wäre der grösste Fehler, den wir begehen können. Und zulassen, dass du gehängt wirst, wäre verantwortungslos von dir! Ein Falke bringt zu Ende, was er begonnen hat!"
Drehar blickte in die Reihen und fragte laut: "Ist das der Wille des Ordens?"
Die Reaktion war eindeutig.
Er nahm seine Krücke und stand auf. "Dann werde ich es zu Ende bringen!"
Erleichterung durchflutete ihn, als er den Jubel von den Rängen hörte, und gleichzeitig fluchte er innerlich. Warum verdammt nochmal war er, er der immer gegen alle Regeln verstossen und sich an nichts gehalten hatte, jetzt plöztlich ein Held, auf den alle blickten?


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#508

RE: Tanue (Ruinenstadt am Tsar)

in Dreitan - das Spiel 01.11.2014 19:16
von Randreyah | 11.751 Beiträge

Die Tage vergingen und man gewöhnte sich daran, dass der alte Rat gelogen hatte, dass der neue jetzt im Amt war und an die Wahrheit, die Dreshar offenbart hatte.
Man kümmerte sich um die Verwundeten, füllte die Lager mit Essen, Stoffen, was auch immer knapp geworden war und lebte weiter, wie man es gewohnt war. Auch wenn das Ganze nun einen etwas bitteren Beigeschmack hatte. Mindestens für einige.
Die Kriecher hatten sich beruhigt und in ihr Verhalten war wieder Normalität zurück gekehrt. Sie kamen nicht mehr dem Herz so nahe, wie sie es getan hatten, als die Schlange aufgetaucht war. Die Tiefenjäger konnten somit wieder einige der Gänge sichern und mussten nicht mehr täglich gegen die Biester kämpfen, damit diese sich nicht zu nahe des Falkennestes niederliessen.
Alle Egraz schienen nun positiv der Zukunft entgegen zu blicken. Alle, bis auf Rion, welcher es geschafft hatte, die Tür zum Raum der GotGöttin wieder so zu verschließen, dass man nicht hinein kam. Er hatte es gelesen, hatte einige weitere interessante Dinge gefunden und wollte Dreshar benachrichtigen und mit ihm sein Wissen teilen. Doch immer war jemand in der Nähe des Egraz. Rion fürchtete zu sehr, dass noch weitere, ausser Asil, Fragen über den Raum stellen würden und mied den Bruder daher.


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#509

RE: Tanue (Ruinenstadt am Tsar)

in Dreitan - das Spiel 03.11.2014 00:58
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Mitte September

Die Wochen vergingen wie im Flug und Dreshar hatte viel zu tun in seiner neuen Funktion. Sie hatten ihn nicht in den Rat stecken können, denn dieser war bereits vollzählig - Alamis war mittlerweile fast genesen - und so hatten sie eine neue Funktion für ihn geschaffen, eine, die es in der Geschichte des Ordens noch nie gegeben hatte. Agariz hatte die Idee gebracht, der Rat hatte sie gutgeheissen, noch bevor Dreshar etwas davon gehört hatte, und der Orden hatte sie per Abstimmung angenommen. Er war jetzt ein Behüter des Ordens. Was das bedeutete, wusste niemand wirklich, denn weder der Rat noch die Versammlung hatten festgelegt, ob mit diesem Titel irgendwelche Befugnisse und Aufgaben oder gar Befehlsgewalten zusammen hingen, geschweige denn welche. In der Praxis sah es so aus, dass er an jeder Sitzung des Rates teilnahm und dort mehr sprach als jeder andere, auch wenn er versuchte, es nicht zu tun. Und bei den Abstimmungen im Rat hatte er zwar eigentlich kein Stimmrecht, aber war schnell aufgefallen, dass er offenbar recht überzeugend war. Ein Teil von ihm fragte sich, ob das wirklich gut war.
Auch ausserhalb der Sitzungen gab es viel zu tun, und ständig war irgendjemand da mit einer Frage, die er beantworten sollte, oder zumindest beim Finden einer Antwort helfen. Er bekam wenig Schlaf und noch weniger Zeit, einfach mal alleine dazusitzen und etwas auszuruhen. Hoffentlich wurde das besser, wenn die Sache mit Akkaya erst über die Bühne war. Er vermisste es, einfach einmal einen Abend mit seinen Leuten zu verbringen und unwichtiges Zeug zu reden.
Als er wieder einmal aus dem Sitzungszimmer trat, wartete Tjavari auf ihn. Mit dem Argument, eine wichtige Frage zu haben, löste sie ihn rasch aus der Aufmerksamkeit der Ratsmitglieder und brachte ihn dazu, ihr in Richtung des Wohntraktes fünf zu folgen. Sie bogen in den Korridor ein und nach einer Weile fragte Dreshar: "Also, was ist die Frage?"
"Mann Dreshar", meinte sie, und er konnte die Belustigung in ihrer Stimme hören. "Das war ein Vorwand. Du brauchst echt dringend mal eine Pause."
Er lachte leise. Wo sie recht hatte, hatte sie recht. "Wo gehen wir hin?"
"Ein Raum unter Block fünf. Ansir und Inshura sind noch da. Mal wieder ein gemütlicher Abend", antwortete sie und bog in eine Treppe ein.
Sie ging langsam genug, dass er ihr trotz der Krücke problemlos folgen konnte. Die Heiler, die sich seinen Knöchel angesehen hatten, hatten zwar gemeint, dass das Gelenk allmählich wieder heile, aber er den Fuss noch unter keinen Umständen belasten sollte. Und dass er vermutlich auch so für immer ein wenig hinken würde. Er scherte sich nicht sonderlich darum. Was war das schon. Er lebte. Und er hatte getan, was er seinen Leuten schuldig war. Naja, etwas vielleicht noch nicht...
"Ehm, Tjavari, ich... sollte dir noch was sagen."
Auffordendes Schweigen.
"Ich hab den Eid gebrochen."
Sie gab ein Geräusch von sich, das irgendwo zwischen einem Prusten und einem Schnauben lag. "Wieso wusste ich das bloss? Du kannst dich aus Prinzip nicht an Regeln halten, oder?"
"Scheint so", meinte er und lief hochrot an. "Tut mir leid."
Sie blieb stehen. "Nein, tut es dir nicht", meinte sie grinsend, zog seinen Kopf am Kapuzenrand nach vorne und verpasste ihm mit einer plötzlichen Gegenbewegung eine Kopfnuss. "Es tut dir überhaupt nicht leid. Aber egal Bruder. Spielt doch keine Rolle."
Sie gingen weiter und er fragte sich einige Augenblicke lang, ob er sich jetzt bedanken sollte, dass sie nicht wütend auf ihn war, aber er liess es bleiben und humpelte nur schweigend neben ihr her. Nach einer Weile erreichten sie die anderen, und es war tatsächlich ein gemütlicher Abend.
Als Dreshar sich schliesslich verabschiedete, um schlafen zu gehen, meinte Inshura: "Rion versucht übrigens glaub ich seit einer Weile, dich zu erreichen, aber ich weiss nicht, warum."
Dreshar dachte kurz nach und nickte. "Ich werd Kontakt zu ihm aufnehmen."
Ansir kicherte. "Kontakt aufnehmen. Wie das tönt. So offiziell."
Dreshar verpasste ihm mit der Handfläche einen Schlag auf den Hinterkopf. "Klappe, Ansir, du bist vernebelt."
Ansir sagte nichts mehr, sondern gluckste unterdrückt vor sich hin.
Dreshar umarmte ihn und die anderen, dann machte er sich auf den Weg zu seinem Schlafsaal.


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#510

RE: Tanue (Ruinenstadt am Tsar)

in Dreitan - das Spiel 03.11.2014 01:20
von Randreyah | 11.751 Beiträge

Rion hatte es aufgegeben Dreshar sprechen zu wollen. Er hatte beschlossen, dass es besser war, ihn nicht mit noch mehr Sachen zu belasten.
Gedankenverloren streifte er durch Akkayas Raum und fuhr mit den Fingern über das gesplitterte Holz mehrerer Rähmen, über die bröckelnde Farbe auf steifem und zerrissenem Tuch. Dann blickte er sich erneut um. All die zerfledderten Bücher und Schriften, hatte er eingesammelt, die Texte abgeschrieben, die Skizzen abgezeichnet, bevor die Relikte zerbröselt waren. Er seufzte und stellte das Licht der Lampe heller, dann betrachtete er das größte der Gemälde, die kaputt an der Wand lehnten.
So sahen sie also aus. Aion und Akkaya. Er betrachtete das klaffende Loch, welches sich so ziemlich in der Mitte des Bildes befand. Man hatte es mit einem Messer hinein geschnitten. Das Gesicht eines Kindes entfernt. Bei allen Bildern fehlten die Gesichter der Kinder Aions. Auch in einigen der Schriften waren ihre Namen geschwärzt worden, aber man hatte die Spur der Blutlinien nicht verwischen können, denn man hatte einige der Stammbäume in den Laboren übersehen. Vergessen, dass sie existierten. Mit etwas Mühe und viel Geduld, hatte Rion sie mit den aktuellen abgeglichen und beschlossen, dass es für einmal doch besser war, die Klappe zu halten und für eine Weile in den unteren Gängen zu bleiben.
Er würde warten, bis Akkaya ankam und dann mit ihr reden, sie fragen. Und hoffen, dass weder die Göttin noch die Fanatiker Aions ihn zum Schweigen brachten.
Er war sich nämlich ziemlich sicher, dass diejenigen, die für die Ausrottung der Linie verantwortlich waren, immer noch lebten und sich nur verdeckt hielten. Sie mussten etwas mit den Splittern vor haben, genauso wie mit Dreshar. Vielleicht wusste Dreshar davon. Vielleicht nahm er auch an den Vorhaben freiwillig teil, vielleicht... Nein. Es konnte nicht sein, Dreshar war nicht so. Definitiv nicht und wenn, dann hätte man längst dafür gesorgt, dass er, Rion, verschwand; von einem Kriecher gefressen wurde.
All das, was er herausgefunden hatte, machte Rion Angst, denn der Verdacht, dass man Aion zurück in diese Welt holen wollte, wurde immer stärker und machte ihn fast schon paranoid. Denn all die Spuren, die von Aion selber zu stammen schienen, hatten etwas düsteres an sich. Liessen all die Geschichten um ihn unvollendet wirken. Rion fröstelte. Sicherlich würde man die Kräfte der grossen Hexe irgendwie verwenden wollen, um dem Gott näher zu kommen. Er blickte hoch zu Aions und Akkayas Gesicht, zu ihrer beider Augen und fröstelte erneut. Der Künstler, der sie gemalt hatte, war ein Meister seines Handwerks gewesen, denn die beiden schienen so real und präsent, als wären ihre Seelen im Gemälde gefangen.
Rion fluchte innerlich, verliess schleunigst den Raum durch die verborgene Hintertür, kroch und quetschte sich durch den schmalen Geheimtunnel und lief dann in Richtung des Herzens. Als er um eine Ecke bog, stiess er mit Dreshar zusammen. "Entschuldigung!", meinte er perplex und half Dreshar auf die Füsse, klopfte ihn vorsichtig sauber und entschuldigte sich erneut für seine Tollpatschigkeit.


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