Also machten sie sixh auf den Weg. Velryunra sprach wenig, sondern ging voran, ihr langes dunkles Kleid zog durch den vereisten Schnee, der da und dort auf dem Pfad lag, ohne eine Spur zu hinterlassen - wenn sie keine Berührungen mit Personen erwartete, verzichtete sie meistens darauf, der Illusion Konsistenz zu geben - wahrend Growndrill an Idrils Seite blieb und versuchte Antworten zu finden auf alle möglichen Fragen, die sie hatte.
Nach dem Mittag legten sie eine Rast ein bei einigen Felsbrocken. Das sonnige Wetter schien zu halten und die Luft war trotzder Schneefelder die sich noch hartnäckig an den Hängen hielten, bereits frühlingshafte Temperatur. Nach dem Essen brachen sie erneut auf und liefen noch einmal ein zwei Stunden, bis Velryunra sich an Growndrill wandte. "Hast du wirllich vor, den ganzen Weg zu gehen?"
"Warum nicht?", fragte er.
Sie runzelte innerlich die Stirn. "Ich weiss, wo er jetzt ist, aber ich weiss nicht, wo er in ein paar Wochen sein wird."
Er zögerte eine Moment, dann zeigte er ihr eine Abfolge von Bildern und Gedanken.
Sie seufzte und liess das Thema vorerst fallen.

Sie gingen drei Tage zu Fuss in Richtung Süden. Abends sassen sie beisammen am Feuer, das Velryunra entzündete, und das kein Holz benötigte sondern aus dem Stein selbst zu brennen schien. Velryunra sprach nach wie vor kaum, so dass Growndrill den grössten Teil des Parts übernehmen musste, allerdings war Idril von der kalten Bergluft und dem Tagesmarsch ohnehin müde. Die Wölfe strichen nachts um das Lager, und blieben in der Nähe, auch wenn sie sich nicht in den Schein der unnatürlichen Flammen wagten. Am dritten Tag zogen Wolken auf und bald begann es zu regnen, eisig und schwer, obwohl sie so hoch waren, dass die Wolken nicht nur über sie hinweg, sondern um sie herum zogen, und man den Weg kaum noch erkennen konnte. Sie fanden einen Überhang der Felswand, der sie einigermassen vor der Witterung schützte und setzten sich dort hin, um auf besseres Wetter zu warten, oder zumindest, dass der Regen etwas nachliess, auch wenn klar war, dass das lange dauern konnte.
Nach einer Weile drehte sich Velryunra zu Idril um. "Wie wichtig ist dir, dass die Wölfe mitkommen können?", fragte sie. Allmählich gingen ihr die Worte flüssiger von der Zunge, aber noch immer sprach sie ruhig und bedacht.

Velryunra schüttelte den Kopf. "Nicht mit Drachen. Eine schnellere Art des Reisens."
Ihr Blick glitt von dem Mädchen zu Growndrill. "Auf der anderen Seite des Gebirges wäre das Wetter besser."
Growndrill nickte vage. Er wusste dass sie recht hatte, hatte aber keine Lust eine Entscheidung zu treffen.

"Reich mir deine Hand", sagte Velryunra. Sie fing Growndrills warnenden Blick auf, beruhigte ihn aber, indem sie ihm zeigte, wohin sie reisen würde. Während sie aufstand, streckte sie dem Mädchen die Hand entgegen.

"Lass nicht los", sagte Velryunra und griss die Hand des Mädchens fest. Dann beschwor sie die Dunkelheit herauf.
Einen Augenblick lang schien es, als würden die Schatten in den Rillen des Felsens unter dem Vorsprung anfangen sich zu Bewegen, dann lösten sie sich ganz vom Gestein, stiegen auf und verdichteten sich zu einem dunklen, kreisenden Nebel um sie. Innert weniger Atemzüge war die Welt verschwunden in schwarzen Schlieren.
Als sie wieder verschwanden, zerrissen wie der Kokon einer Raupe, und sich auflösten in der Luft, als hätten sie niemals existiert, standen sie nichtmehr unter dem Vorsprung. Regen prasselte auf den Schild, den Velryunra zum Schutz des Mädchens gegen die Kälte hochgezogen hatte. Unter ihren Füssen war felsiger Grund und vor ihnen lag ein schmales Tal. Auf der anderen Seite, um die zweihundert Meter entfernt, am Fuss einer Felswand, schimmerte Growndrills silbernes Haar und man konnte im Regen die Schatten zweier Wölfe ausmachen, die nicht weit von ihm streiften.