Janis wachte auf, als sie das Geräusch von nackten Füssen auf dem Steinboden hörte. Kurze Zeit später erklang das Knarren einer Türe und dann kamen die tapsenden Schritte näher. "Janis?" Es war ein klägliches Stimmchen gefolgt von einem Schniefen.
Die Priesterin richtete sich auf. "Was ist los?" Sie rieb sich die Augen und als Idril nahe genug gekommen war, konnte Janis sie mühelos erkennen: ein kleines Nachtgespenst in einem langen weissen Hemd, den Kopf gesenkt, sodass die blonden Haare den grössten Teil ihres Gesichts verdeckten. Als Idril nicht antwortete hob Janis wortlos die Decke und das Mädchen krabbelte dankbar darunter.
"Er ist immer noch wütend.", sagte sie dann leise.
"Dazu hat er auch guten Grund.", erwiderte Janis kategorisch. Ihrer Meinung nach hatte der alte Mann das Mädchen viel zu leicht davonkommen lassen, doch sie hatte nichts gesagt. Wenn Idril herausfand, dass sie und Narum nicht immer gleicher Meinung waren, würde sie das ausnutzen, wenn wahrscheinlich auch unbewusst.
"Was kann ich tun damit er mir verzeiht?"
"Lernen dich zu beherrschen.", erwiderte Janis sanft.
"Aber es ist so schwer." In der Stimme hallte ein deutlich hörbares Quengeln mit.
"Keine hat gesagt, dass es leicht ist. Aber ich habe einen Vorschlag für dich. Du trägst ja immer diesen bronzenen Anhänger mit der Rune um den Hals, greif nach ihm, wenn du merkst, dass du die Beherrschung verlierst."
Idril nickte und griff fast impulsiv nach dem kleinen Anhänger den ihr Mercha gegeben hatte. Das war eine gute Idee. Janis fuhr dem Mädchen über den Kopf und legte sich dann wieder bequemer hin. "Schlaf jetzt, Idril. Bis morgen wird dir Narum vergeben haben. Er wird keinen Groll gegen dich hegen, dafür liebt er dich zu sehr."