Er kippte noch zwei Gläser Rum, bis er sich engestehen musste, dass er sich so idiotisch verhielt, wie ein frisch Verliebter, der sich vor dem ersten Treffen dermassen betrank, dass er sich völlig blamierte. Also stand er auf und machte sich auf den Weg zum Schiffsbauer. Der gute Herr schlief bereits und war nicht sonderlich erfreut, als man ihn weckte, schluckte seinen Ärger aber herunter, als er den Klabauter sah, immerhin war er ein sehr guter Auftraggeber.
"Ist sie fertig?", antwortete der Klabauter.
"Fertig und bereit zur Abfahrt", antwortete der Schiffsbauer.
"Schon im Wasser?"
Er schüttelte den Kopf. "Ich hielt es für besser, sie am trockenen zu behalten, bis ihr kommt. Wollt ihr sie sehen?"
"Nein", antwortete der Klabauter. "Könnt ihr mir einen Gefallen tun, guter Mann? Lasst sie noch heute Nacht zu Wasser und stellt sie in den Hafen."
Der Mann sah ihn etwas schräg an und fragte sich offenbar, was das jetzt wieder für eine Idee war. "Kaum ein Arbeiter wird erfreut sein, wenn ich ihn um diese Tageszeit noch an die Arbeit hole", antwortete er vorsichtig.
"Dann sagt ihnen, ich bezahle ihnen die Hälfte von ihrem normalen Lohn darauf, wenn es sein muss", sagte der Klabauter.
Schliesslich willigte der Schiffsbauer ein und der Klabauter ging zusammen mit Reina zurück zum Schiff. Er gab der Mannschaft bis auf zwei Wachen und auch Reina die Nacht frei - letzterer mit der Ermahung, sich vorsichtshalber vor dem Schmied in Acht zu nehmen, der ihr bestimmt noch übel gesonnen war - dann legte er sich in seine Kajüte und starrte an die Decke. Er konnte nicht schlafen. Für fast sieben Jahre, war dieser kleine Raum hier sein Zuhause gewesen. Aber da draussen wartete die Sturmsänger auf ihn. Und nur sie war seine Heimat.
Irgendwann gegen den Morgen hörte er Befehle und wie ein Schiff festgemacht wurde, aber er zwang sich, nicht nach draussen zu gehen, bevor nicht das erste Sonnenlicht durch die Luke über seinem Bett an die gegenüberliegende Wand fiel. Dann zog er sich ein frisches Hemd an, setzte seinen Hut auf und trat nach draussen.
Und da stand sie. In den ersten Sonnenstrahlen des Tages, die sich golden auf dem Wasser brachen, ihre Segel so neu, dass sie strahlend weiss aufblitzten, der Rumpf dunkel von frischem Teer. Seine Sturmsänger, so wunderschön und neu, wie er sie seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hatte, wie frisch der See entsprungen, ein neu geschlüpftes Fohlen aus der Gischt, doch in jeder ihrer Kurven, ihrer Verstrebungen, ihrer Schnitzereien so vertraut, als betrachtete er sein eigenes Gesicht. Mit Tränen in den Augen stand er da und wagte es einige Augenblicke lang nicht einmal sich zu rühren.
Schliesslich ging er die Gangway hinunter und den Steg hinaus zu dem Platz, wo sie vor Anker lag. Eine kleine Menge hatte sich bereits versammelt, die das neue, über Nacht plötzlich aufgetauchte Schiff begafften, darunter auch einige seiner Mannschaft, aber die Schiffsbauer hatten niemanden an Bord gelassen.
"Klabauter?", begrüsste ihn der Schiffsbauer, als er auf die Gangway zukam. "Bereit zur Übernahme?"
Der Klabauter nickte. "Schick deine Leute von Bord."
Er wartete, inklusive des Schiffbauers, herunter gekommen war, dann schritt er alleine hinauf, ging in der Mitte des Decks auf die Knie und legte sich einfach bäuchlings auf die Planken, die Arme weit ausgebreitet, als wollte er das ganze Schiff umarmen. "Endlich...", flüsterte er. "Endlich hab ich dich wieder."

Meleth hatte diesmal daran gedacht, sich wärmere Kleider zu kaufen, und sich zwei Hemden, eine gefütterte Jacke und eine zweite Hose besorgt, ja sich sogar ei abgetragenes Paar Stiefel und Socken dazu geleistet. Mit dem Zeug entweder sn oder im Arm stand sie staunend vor dem Schiff. Es war riesig im Vergleich zu dem mit dem sie bisher gefahren waren, grösser vermutlich sogar als die Nachtbringer.
Der Klabauter rief diejenigen seiner Manschaft, die am Kai standen, herauf, und zeigte ihnen die wichtigsten Dinge, zum Beispiel, dass die Sturmsänger einen Mast mehr hatte, die Ladeluken, und der hier in Abschnitte unterteilte Laderaum. Dann nahm er Reina beiseite. "Ich hab was, was dir gefallen wird."
Ohne weitere Erklärung führte er sie die hintere Treppe hinunter in einen schmalen Korridor under der Kapitänskajüte. Unter der Treppe selbst fühte eine Türe inden Teil des Laderaums, in dem die Mannschaft schlafen würde, und auf der einen Seite ging es zur Kombüse. Er jedoch öffnete die Tür auf der anderen Seite. Dahinter lag eine kleine Kammer, mit zwei übereinander liegenden Kojen, einem am Boden festgeschraubten Tischchen und einem Stuhl. Es war nicht geräumig aber aucg nicht allzu eng. "Deins", sagte der Klabauter ohbe Umschweife.

"Du kochst nicht schlecht", meinte er grinsend. "Aber du machst anderes noch besser."
Damit stieg er die Treppe wieder hinauf, um seine eigene Kajüte zu beziehen.
Sie brauchten fast den ganzen Tag, um alles vom einen Schiff auf das andere zu verladen - die Habseligkeiten des Captains nund der Mannschaft, übrigen Proviant und Reperaturwerkzeug, Laternen, Eimer und Flaggen - dann traf sich der Klabauter mit Wezkon und sprach noch einmal die Fahrt nach Westen ab, bevor sie gemeinsam den Proviant fürdie lange Reise orderten.
Das Alte Schiff überliess der Klabauter dem Schiffsbauer, als Teil der Bezahlung, wie sie es ausgemacht hatten. Als die Nacht hereinbrach, lag die Sturmsänger bereit, sobald sie fertig beladen war in den ersten Morgenstunden auszulaufen, und die Piraten feierten an Deck.

Der Klabauter trank aus der Flasche und legte Wezkon grinsend den Arm um die Schultern. "Was hast du den rausgekriegt, alter Fuchs?", fragte er, während sie das Deck hinunter schlenderten.

"Und was ist mit Moner?", hakte der Klabauter nach.
Meleth hatte kein Geld mehr zum Würfeln, also spielte sie mal wieder um Schnäpse, allerdings ein Hütchenspiel gegen Mirko. Sie hatte irgendwie das Gefühl, dass er sie dabei betrog.