Sie klatschte auf den Steinboden, aber ihre Finger waren immer noch an seinem Kragen festgekrallt. Ohne nachzudenken zog sie ihn daran zu sich, aber anstatt ihm noch eine Kopfnuss zu verpassen, küsste sie ihn auf den Mund, bevor sie ihn losliess und sich neben ihm auf den Rücken kippen liess. Aus dem Augenwinkel sah sie wie einer der Zwerge vielsagend vor seinem Gesicht winkte und zwei der Soldaten eifrig nickten, aber sie lachte nur und blickte an die leicht verschwommene Decke.

Ro streckte eine Hand nach ihm aus und kraulte selig lächelnd seinen Nacken, fuhr mit den Fingern in seine Haare, bevor sie sich zu ihm herumdrehte und ihm einen sanften Kuss auf die Halswirbel hauchte.
"Hauptmann Raven?"
Sie setzte sich auf und drehte sich zu Balik um. "Was?"
Balik grinste. "Die Zwerge sagen, ihr sollt euch gefälligst irgendwo nach oben verziehen, sie wollen euch nicht dabei zusehen."
Ro lief knallrot an und stand schnell auf. Verdammt, sie hatte doch nicht vorgehabt...
"Also ich hätte ja kein Problem damit", murmelte Fjalar.
Ro verpasste ihm im Vorbeigehen einen Schlag gegen den Hinterkopf. "Klappe halten, Fjalar."

Sie erschauerte und schloss einen Augenblick lang die Augen. "Al, hör auf", wisperte sie so leise, das höchstens er sie hören konnte.

Ro las, was er geschrieben hatte, sah ihn an und fiel ihm um den Hals. "Sorry", flüsterte sie erstickt an seinem Ohr. "Ich dich auch, Al, aber... ich habs einfach nicht im Griff... und das Risiko ist zu hoch und... Ich will ja, aber..." Sie drückte das Gesicht gegen seinen Hals.

Sie legte den Kopf an seine Schulter und scgloss die Augen, die Blicke der Zwerge und Soldaten und die Tibors ignorierend.

Einige Reittage später erreichten sie den Wasserfall. Er war gewaltig. Bereits seit Stunden hatten sie sein Tosen in der Ferne gehört, immer näher kommend, und der Anblick, den er bot, war schlicht Atemberaubend. Massen an Wasser, schäumend weiss und blau, stürzten sich über die Felswand herunter in tausend donnernden Kaskaden, an deren Rändern sich glitzernde, unwirkliche Figuren und Schleier aus Eis gebildet hatten, von so hoch oben, dass man ihren Ursprung kaum erkennen konnte, bevor sie unten an den Felsen zerschellten und sich in ein tiefes, brodelndes Becken ergossen.
Der Weg, der an ihm vorbei nach oben führte war so steil, dass sie absteigen und die Pferde fest am Zügel führen mussten, schmal, und an vielen Stellen vereist von dem eiskalten Nebel, der von den sprühenden Wassermassen herüberwehte. Etwa auf halber Strecke stürzte eines der Pferde und ihnen blieb nichts übrig als zuzusehen, wie es über die Kante glitt und panisch wiehernd in der Tiefe verschwand, während Ro den Soldaten festhielt, der mitgestürzt war aber geistesgegenwärtig die Zügel schnell genug losgelassen hatte. Bis sie endlich oben ankamen, vergingen fast sieben Stunden, dafür hatten sie ihr Ziel erreicht: Neben dem Fluss, der sich durch das U-förmige Tal wand, stand eine kleine Festung und in der tiefverschneiten Ebene, die sie umgab, drämgten sich.die Zelte eines Heerlagers.