Als er den Kuss ein zweites Mal löste ging Ro's Atem schnell und ihr Herzschlag pochte in ihren Ohren. Sie dachte nicht nach, sondern fasste ihn an der Hand und zog ihn mit sich.
Erst auf der Treppe fiel ihr auf, dass sie keine Ahnung hatte, wo sie hinwollte.Unschlüssig stand sie einen Augenblick lang auf den oberen Stufen, über die der kalte Wind Schnee aus dem Hof fegte. Sie spürte Alastars Lippen in ihrem Nacken und ein Schauer, der absolut nichts mit der Kälte zu tun hatte, lief über ihren Körper, atemlos liess sie sich mit dem Rücken an die Mauer fallen und zog ihn an sich, küsste seine Lippen, seinen Kiefer, seinen Hals und zitterte unter seinen Händen, ohne die Kälte zu spüren.
Erst als sie jemanden lachen hörte, wurde ihr klar, dass sie vermutlich an der exponiertesten Stelle der ganzen Festung standen. Hochrot, aber unfähig, Alastar loszulassen, vergrub sie das Gesicht an seinem Hals, dann spürte sie, wie er sie hochhob und über den Hof zu den Ställen trug. Später erinnerte sie sich an den Geruch der Pferde und eine schmale Treppe, aber in dem Moment nahm sie nichts mehr wahr ausser Alastars heissem Atem, als sie seine Rüstung losschnallte und ihn mit sich ins Stroh zog.

Benommen strich sie mit den Fingern über sein Gesicht, seinen Wangenknochen nach, seinen Augenbrauen. Einen Augenblick lang, als er plötzlich weggewesen war, hatte sie Angst bekommen, so heftig, dass sie beinahe geheult hätte. Aber er war zurück. Eine ganze Weile lang sah sie ihn an und kam sich vor wie in einem Traum, bevor sie den Arm.ausstreckte und ihn an sich zog. Zwischen ihren Beinen war alles nass. Es war ein seltsames Gefühl, so seltsam wie das seiner Finger auf ihrer Haut. Langsam stützte sie sich auf die Unterarme und küsste ihn. SeineArme legten sich um ihre Taille und zogen sie hinunter, sie spürte seine Wärme und die Bewegung seiner Muskeln unter seiner Haut und für einen Augenblick schmeckte sie sein Leben. Mit einem Seufzen drückte sie die Lippen gegen seine Schulter und gegen seine Brust, schmeckte das Salz auf seiner Haut und biss unwillkürlich zu, als seine Hände über ihre Hüften fuhren, so fest, dass er auffuhr. Ohne nachzudenken drückte sie ihn zurück ins Stroh. Sie wusste nicht, was sie tat, sie wusste nur dass sie mehr wollte.
Er gab ihr mehr, mehr als sie ertrug und als er sie einnahm, verlor sie den letzten Funken von Verstand, den sie noch hatte, verlor sich selbst im Feuer, biss und wand sich auf ihm, wobei sie nicht mehr unterscheiden konnte, was er war und was sie, drückte ihn runter, ein ums andere Mal, aber gegen Ende gewann er die Oberhand und schliesslich lag sie zitternd in seinen Armen, kraftlos und fast schluchzend, Weil es zu viel war, um zu begreifen, viel zu viel. Als er den Kopf nach einer Weile hob, bemerkte er die Tränen auf ihren Wangen und wollte sich erschrocken von ihr lösen, aber sie zog ihn wn sich, so fest sie konnte, strich sanft über seinen Kopf und ertastete die Bissspuren an seinen Schultern. Mit verdammt schlechtem.Gewissen stellte sie fest, wie er dabei zusammenzuckte und dass sie den Geschmack von Blut auf den Lippen hatte. "S...sorry, das wollte ich nicht", flüsterte sie betroffen.

Ro lag da und strich über seinen Kopf, die Augen halb geschlossen. Unter der Decke, die sie über sich gezogen hatte, war es warm, sie spürte Alastars Atem an ihrem Hals, ruhig im Schlaf. Sie war so glücklich. Konnte sich nicht erinnern jemals so glücklich gewesen zu sein. Schliesslich schloss sie die Augen und glitt hinüber in einen traumlosen, warmen Schlaf.

Sie erwachte von leisen Stimmen. "Was glaubst du, ist sie nackt?" - "Dem Zeug, was rumliegt nach ziemlich sicher schon. Ich glaub nicht dass das da ihm gehört." - Kichern. "Soll ich...?" - "Bist du lebensmüde?"
Ro öffnete die Augen. "Raus hier!"
Fjalar sprang zurück als wäre er auf eine Nadel getreten, grinste aber schamlos weiter. "Morgen, Hauptmann. Gut geschlafen?"
Ro spürte, wie Alastar wach wurde und sich aufrichten wollte und hielt ihn fest, denn wenn er das tat, lagen sie beide ohne Decke da. "Ich sagte raus hier! Auf der Stelle!", zischte sie böse an Fjalar und Balik, der im Morgenlicht, das durch die kleinen Fensterchen einfiel, etwas zögerlich daneben stand, gewandt. "Oder ihr könnt eure Eier in Zukunft um den Hals tragen!"
Fjalars Grinsen wurde breiter, als er auf den Boden blickte. "Soweit ich sehe, hast du keine Waffe in Reichweite."
Da hatte er blöderweise recht. Sie knurrte. "Ich kann dich auch ohne Waffe umbringen, Grünschnabel. Und jetzt verpisst euch, oder ihr werdet es bereuen!"
Sie traten den Rückzug an. "Ähm, Hauptmann, wir sollten dich eigentlich suchen, von Timor aus", rechtfertigte Balik seine Anwesenheit. "Wegen Verhandlungen mit Vorknas."
Ro fluchte. "Wo?"
"Im Thronraum. Du solltest dich besser beeilen. Der Thronraum ist..."
"Ich weiss, wo der ist", schnappte Ro. "Raus jetzt!"
Sie wartete, bis die beiden die Treppe hinunter verschwunden waren, dann liess sie Alastar los und seufzend den Kopf zurück ins Stroh sinken. "Ich hasse Vorknas", murmelte sie, während sie unter der Decke hervor nach irgendetwas tastete, was sich nach Kleidung anfühlte.

"Er ist mir unheimlich", meinte sie stirnrunzelnd. Sie mochte nicht darüber reden, wozu er sie aufgefordert hatte, wollte es lieber vergessen, auch wenn ihr insgeheim klar war, dass es damit nicht erledigt war. Denn Vorknas vergass bestimmt nicht. Sie schnallte einen Riemen ihrer Rüstung etwas enger. "Was denkst du", fragte sie. "Sollten wir uns mit ihm verbünden?"

Sie nickte. "Das denke ich auch. Schon jetzt...Delkar ist ein guter Mann, aber er versteht nicht viel vom Krieg und wir haben eine verdammt kleine Armee. Wenn wir da sitzen bleiben, werden sie uns früher oder später vernichten, ob nur von aussen oder von innen - eher früher. Wie müsssn in Bewegung bleiben."