Die Raststätte entpuppte sich als eine alte Ruine. Eine Wand war zusammengebrochen, doch das Dach war noch grösstenteil intakt. Idril lief sofort los um den Rest der alten Ruinen zu erkunden. Vielleicht würde sie sogar noch irgendwas interessantes finden.

Bardanash ging zu eine der hinteren Ecken des Raumes. Ein kleiner Stapel aus Holz lag säuberlich aufeinander geschichtet dort. Der alte Priester holte sich ein paar Zweige und setzte sich auf einen der grossen Steine, die kreuz und quer im Raum verstreut lagen. Mit Feuerstein und Stahl schlug er ein paar Funken und schichtete dann die kleinen Zweige auf den glimmenden Zunder auf. "Warum wolltet ihr ausgerechnet in den Osten?", fragte er Growndrill schliesslich. Idril war noch immer nicht zurückgekehrt. Die Ruinen waren für sie der ideale Spielplatz. Sie würde wegbleiben, bis es dunkel werden würde.

"Ich vertrete die Lehren Dalamors. Sie ist beim einfachen Volk sehr beliebt. Sie besagt, dass jede Religion einen wahren Kern beinhaltet und das nur beim Zusammenprall im Disput der wahre Funken hervortritt. Ausserdem sagt sie weiterhin aus, dass jeder jedem im Recht gleichgestellt sein soll, Mann wie Frau.", erwiderte er, "Doch ich möchte euch nicht mit meinen religiösen Ansichten belästigen. Ich erzähle hauptsächlich Geschichten von den Heiligen, falls mich jemand darum bittet, oder erteile jemandem die Sakramente. Natürlich in der Religion in der die Person im Glauben gefestigt ist. Somit könnte man sagen ich bin ein Vertreter aller Religionen.", schloss er und packte ein Stück Dörrfleisch aus seinem Rucksack aus. "Warum fragt ihr mich das?"

"Ja und nein. Ich lerne neue Sprachen mit Leichtigkeit.", erwiderte er. "Gedanklich und seelisch kann ich vielen helfen, aber zum beispiel kann ich keine schwere Lasten tragen." Er griff mit der kupfernen Hand ins Feuer und schob die Zweige zurecht. "Es gibt allerdings auch Vorteile, wie ihr sehen könnt." Er legte nochmals ein wenig Holz nach. "Sie überwiegen die Nachteile allerdings nicht bei weitem." Er seufzte und betrachtete nachdenklich die metallenen Fingerspitzen, bevor er das Thema wechselte. "Seid ihr eine Priesterin des Schwarzen Berges?"

Die Flammen waren mittlerweile heiss genug, dass er den Topf darüberstellen konnte. Er füllte ihn mit Wasser und wartete geduldig darauf, dass es zu kochen anfing. "Was haltet ihr von den Lehren des Schwarzen Berges?", fragte er nachdenklich und trommelte mit den Fingern sachte gegen sein metallenes Bein. Schliesslich gab er es auf und fluchte ungehalten. "Dieser verdammte Juckreiz." Er krempelte die zerschlissenen Beinlinge nach oben und löste Prothese vorsichtig vom Stumpf. Die Narben standen rot und geschwollen hervor. Ein deutliches Zeichen dass bei der Heilung etwas schief gelaufen war. Sie liefen wie Risse seinem Bein nach oben zur Hüfte hin, wobei sie ihren Ursprung in der Spitze des Stumpfes hatten. Er kratzte sich und seufzte erleichtert. Die Prothese würde er für heute nicht mehr anlegen. Ein wenig frische Luft würde den Narben gut tun.

Er schüttelte den Kopf. "Nein, es passierte im Kampf. Man hielt mich für tot und liess mich liegen. Ich war lediglich zu stur zum sterben. Den Grund, weshalb ich mich dem Tod verweigerte, habe ich mittlerweile vergessen.", murmelte er und schüttelte langsam den Kopf. Die besten Lügen hielten immer ein Stück Wahrheit versteckt, so viel hatte er in seinem langen Leben immerhin schon gelernt. "Niemand suchte mich als ich wieder erwachte, auch später nicht. Ich war alleine auf der Welt. Ein Hirte fand mich und verband die Wunden, anschliessend plünderte er meine Taschen.", fügte er hinzu und zuckte die Achseln. "Manchmal schein es als ob ein jeder für sich alleine auf der Welt ist."