"Was soll das Elf!?", brüllte der Zwerg mit seiner mächtigen Stimme, die durch das ganze Haus zu hallen schien. Der Mann der vor ihm stand sah aus, wie der der draussen Holz hackte, nur trug er andere Kleidung. Der Zwerg zog ebenfalls einen Dolch. "Mörder haben in einem Tempel nichts verloren!", rief er und sprang vom Stuhl. Er sah hoch zum Elfen, unsicher was er tun sollte. Janis lebte noch, er konnte ihren röchelnden Atem hören. Doch sie würde verbluten, wenn nicht bald Hilfe kam. Er griff in seine Tasche und der kleine Stein, den man gebrauchte um die Heiler zu rufen, glitt ihm sofort in die Hand. Hoffentlich waren diese Trantüten von Magiern rechtzeitig hier.

Isilya wachte von dem Schrei auf und sprang aus dem Bett. Innert einer Sekunde stand sie im Türrahmen und blickte verwirrt auf die Szene vor ihr. Janis lag blutend auf dem Boden. Armelion stand mit einem bluttriefendem Dolch vor einem Zwerg. Als Armelion die Bewegung hörte blickte er hoch und Erstaunen flackerte für einen Moment in seinen Augen auf. Im nächsten Augenblick tauchte Armelion aus der Küche auf, die Axt in den Händen. Als er den Doppelgänger erblickte erstarrte er für einen Augenblick. "Was zum..."
Ohne eine Sekunde zu verschwenden stiess der Doppelgänger seinen Dolch nach dem Zwerg und zwang ihn zurückzuspringen. Mit einem wütenden Schrei stürzte sich Armelion auf seinen Doppelgänger und schlug mit der Axt nach dessen Kopf. Er duckte sich mit spielerischer Leichtigkeit unter dem Hieb hindurch und schlitzte dem Elfen den Bauch auf. Aber anstatt einer klaffenden Wunde blieb nur eine schwarze Linie zurück und Rauch kräuselte über die Wunde. Isilya zögerte nicht und griff ebenfalls an. "Esgal crist!" Schatten schienen sich in ihrer Hand zu sammeln und bildeten eine lange dünne Linie. Sie führte einen Stoss gegen die Brust des Doppelgängers und trieb zurück. Armelion hob eine Hand und rief einen scharfen Befehl. Aus der steinernen Wand hinter dem Doppelgänger schoss dutzende von steinernen Spitzen und durchbohrten ihn, als Isilya ihn mit einem weiteren Schlag ihres Schattenschwertes zurücktrieb. Es schien dem Doppelgänger jedoch nichts auszumachen. Er machte einen Schritt nach vorne, wich einem von Isilya's Schlägen aus und schlug sie mit einer beiläufig wirkenden Handbewegung zur Seite. Die Elfe krachte gegen die Wand und rutschte regungslos zu Boden. "Mòrea sicil!", knurrte Armelion und reckte dem Doppelgänger die flache Hand entgegen. Dutzende von schattengleichen Dolchen erschienen um den Doppelgänger herum und der Elf sprach den letzten Befehl und schloss die Hand zur Faust, "Arca!" Mit einem hässlichen Knirschen drangen die Dolche durch Fleisch und Knochen. Der Doppelgänger sank auf die Knie. Langsam hob er eine Hand und sie schloss sich um eines der Messer, welches in seiner Brust steckte. Dann erstarrte er mitten in der Bewegung. Für einen Moment geschah nichts, dann schien er in den Boden zu sinken. Erst langsam dann immer schneller und innerhalb weniger Augenblicke war er verschwunden. Armelion verschwendete keine Zeit und stürmte rüber zu Janis. Gleichzeitig suchte er aber die Gegend nach dem Doppelgänger ab. Er fühlte aber nichts.
Janis hielt beide Hände auf die Wunde gedrückt und atmete in kurzen abgehackten Atemzügen. Er würde ihr nicht helfen können. "Weck Isilya! Sie kann ihm helfen!", bat er den Zwerg. Er zog sich das Hemd aus, knüllte es zu einem festen Knäuel zusammen und drückte es auf die Wunde. Janis stiess ein ersticktes Stöhnen aus, packte jedoch seine Hände und drückte den Stoff noch fester auf die Wunde.

Fjodre liess sich nicht zweimal bitten, so schnell er konnte sprang er zur bewusstlosen Elfe und klatschte ihr ein paar Mal sanft gegen die Wange. "Aufwachen! Hey Mädchen, aufwachen!", seine Stimme klang flehend. Wo blieben bloss die Heiler!?
Als Isilya zu sich kam, hörte man hastige Schritte. Noelle, Pards Assisstentin, stand im Türrahmen. "Fjodre, was ist passiert?", fragte sie atemlos. Als ihr Blick zu der auf dem Boden liegenden Priesterin fiel, stürmte sie herein. "Janis, ganz ruhig", meinte sie und legte eine Hand auf die Stirn der Frau. "Lockere den Druck auf die Wunde", wies sie Armelion an und legte ihre andere Hand neben das verknäuelte Hemd. "Vi'jiruni dara kil", murmelte sie wiederholt und Schweissperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Die Wunde begann sich langsam von innen nach aussen zu schliessen. Noelle hoffte, dass sie nicht zu spät war. Die Blutung hatte sie zwar gestoppt. Doch konnte die Frau bereits zuviel Blut verloren haben.

Isilya wachte auf und hob beide Hände in der Abwehrstellung, senkte sie jedoch rasch wieder als sie den Zwerg kannte. "Wo ist der Angreifer?", fragte sie verwirrt. Dann fiel ihr Blick auf Janis und sie stiess einen Fluch aus, als sie die Blutlache erblickte. Ohne auf eine Antwort zu warten kroch sie zu ihr rüber und legte eine Hand auf ihren Bauch. Von der Wunde war nichts mehr zu sehen, doch sie konnte im besorgten Gesichtsausdruck der fremden Frau, diesselbe Befürchtung erkennen, die sie selbst auch hegte. Wenn Janis zu viel Blut verloren hatte, würde sie sterben obwohl die Wunde geschlossen worden war. "Wissen sie ob es die grosse Ader in ihrem Bauch getroffen hat?" Sie vermutete nicht. Falls es sie erwischt hätte, wäre die Blutlache ihrer Einschätzung nach viel grösser gewesen. Allerdings hätte sie gern Gewissheit gehabt. Falls der Dolchstoss die Ader verfehlt hatte, wären Janis Überlebenschancen beträchtlich höher.

(lass sie bitte überleben. Ich brauch sie noch I

Noelle schüttelte den Kopf. "Nein, hat es nicht. Die Wunde ist jetzt geheilt. Sie wird aber etwas Ruhe brauchen", sagte sie und nahm ihre Hand weg. Janis war theoretisch ausser Lebensgefahr, doch wie viel Blut sie noch hatte war unklar. Noelle hoffte, dass sie es schaffen würde.
Fjodre erhob sich und trat zu der Gruppe hinüber. "So dankbar ich euch auch bin", begann er. "Muss ich euch aber fragen: Seid ihr beiden Schwarzmagier?"
Seine Augen funkelten düster. Der Tag hätte nicht schlimmer werden können.

(oh keine angst ich ja auch )

Armelion legte die Axt auf den Tisch neben ihm und verschränkte die Arme. "Mancher würde mich und Isilya so nennen.", erwiderte er ruhig. Die Elfe richtete sich auf, als sie die Spannung im Raum spürte. Ihre gletscherblauen Augen funkelten wütend, da sie die Ablehnung in Fjodre's Stimme gehört hatte. Sie sah so aus als ob sie ihm eine bissige Antwort entgegen schleudern wollte, doch Armelion schüttelte fast unmerklich den Kopf. Sie waren Gäste in Lovit und hatten sich somit nach den Wünschen ihres Gastgebers zu richten.

"Bitte versteht mich nicht falsch", fuhr Fjodre versöhnlicher fort. "Wir in Lovit machen keinen Unterschied zwischen den Lebewesen... Solange sie anderen keinen Schaden zufügen... In letzter Zeit geniessen die Schwarzmagier jedoch keinen besonders guten Ruf und daher will ich euch lediglich bitten, eure Künste nicht öffentlich auszuüben, da ich nicht weiss, wie die Flüchtlinge auf euch reagieren würden. Ein Aufstand im Tempel würde uns gewissermassen den Todesstoss versetzen."

"Wir werden euren Rat beherzigen.", erwiderte Armelion und setzte sich dann auf eine der Stühle. "Habt ihr eine Ahnung was das war? Wie konnte es meine Gestalt so gut imitieren? Aber bevor ihr antwortet, lasst uns zuerst Janis in ihr Bett legen." Er fühlte wie sich die Erschöpfung in ihm ausbreitete. Er hatte sich bei weitem nicht von den Strapazen im Kerker erholt und Isilya sah auch so aus, als ob sie gleich umfallen würde. Mit Hilfe der Heilerin hob er die verwundete Priesterin hoch und legte sie vorsichtig in ihr Bett bevor er sich zudeckte. Sie war noch immer schrecklich bleich, doch der graue Ton eines Verblutenden war bisher nicht aufgetaucht. Vielleicht würde sie überleben. Als das erledigt war ging er zurück in die Küche. Isilya murmelte etwas von Erschöpfung, verschwand wieder ins Gästezimmer und liess Armelion mit der Heilerin und dem Zwerg allein. "Habt ihr vielleicht eine Ahnung was das war?", wiederholte der Elf seine Frage.

Fjodre sah Noelle an, die nur die Arme vor der Brust verschränkte und den Kopf schüttelte. Er seufzte. "Wieso glauben alle, Zwerge würden sich mit Magie auskennen?", er grinste schief. "Ich weiss es nicht genau... Aber ich habe mal in der Bibliothek hier etwas von Gestaltwandlern gelesen. Sie sollen am Nazrev und in den Verfluchten Wäldern des Langen Sees heimisch sein. Das sind Wesen, Tiere, die alles und jeden nachahmen können, wenn sie ihn lange genug beobachten oder die Erinnerungen von jemanden oder der Person selber stehlen... Sie sollen sich dabei in die Träume ihrer Opfer schleichen. Sie nehmen die Gestalt einer geliebten Person an, um sich in der Nähe ihres Zieles aufzuhalten und zehren dann an dessen Lebenskraft. Natürlich hat aber nie jemand ihre wahre Gestalt gesehen. Doch ich weiss nicht ob es stimmt. Vielleicht war es auch einfach ein geschickter Magier, der sich auf sowas spezialisiert hat. Am besten ihr fragt jemanden, der sich mit Magie und diesen komischen Monstern auskennt."

"Das werde ich tun. Danke für den Rat. Ihr müsst mich jetzt entschuldigen. Die letzten paar Tage sind etwas anstrengend gewesen und diese paar Zauber, die ich angewendet habe, haben viel Kraft aufgebraucht. Ich muss ein wenig schlafen." Der Zwerg nickte lediglich und Armelion ging mit müden Schritten ins Gästezimmer. Ohne sich auszuziehen liess er sich auf das zweite Bett fallen und Sekunden später war er eingeschlafen.