(böses ziel erreicht)

Sie assen schweigend. "Ich werde heute Abend zu den Drachen reisen", meinte Ran und trank den Tee aus.

"Ich weiss nicht", meinte sie und legte die Tasse vor sich hin. "Vielleicht einen Tag, zwei. Zum Frühjahrsfest bin ich aber wieder da."
Zorai nickte nur. "Was wirst du ihnen vorschlagen?", fragte er. "Ihre Jungenaufzucht zu einem gewissen Teil zu übernehmen."
"Dir ist schon klar, dass wir keinen Platz haben?"
"Nein, aber für die Eier", meinte sie. "Es dauert fünf Jahre bis eines Schlüpft. Wir können mindestens hundert aufbewahren. Zurückgeben würden wir sie dann nach dem Schlüpfen."
"Wenn du das regeln kannst, hab ich nichts dagegen", meinte Zorai und verschränkte die Hände auf dem Tisch. "Ich habe gehört du warst auf den Trainingsplätzen?", meinte er dann.
"War ich", sagte Ran knapp.
"Du solltest dich schonen", meinte er und sie nickte nur.

Der Priester hatte am nächsten Tag seinen engsten Vertrauten erzählt, was er in der Nacht zuvor erlebt hatte. Obwohl er es nur wenigen anvertraut hatte, schienen es bald mehr zu wissen, als er es Leuten erzählt hatte. Der Skandal begann, unter den Priestern die Runde zu machen. Ran und der Dämon.
Der Priester stellte sich vor, wie er, eine andere Priesterin und Ran Dreier machten, aber wischte den Gedanken erneut zur Seite. Wieso ließ er sich so von dem Gesehenen beeinflussen und von seinen Gedanken und Trieben ablenken? Stand er nicht über ihnen? Triebe waren etwas für Tiere, nicht für ihn, der Verstand sollte ihn leiten!
Am Nachmittag beschloss er zu Zorai zu gehen um mit ihm über das zu sprechen, was er letzte Nacht gesehen hatte. Er musste mit jemandem darüber reden und zwar jetzt. Er musste reden, um es aus seinem Kopf zu bekommen.
Unterwegs hörte er Wortfetzen verschiedener Gespräche und erschrocken stellte er fest in mehr als nur einem Gespräch etwas von Randreyah und Veray zu hören. Er hatte nicht gewollt, dass sich die Geschichte so schnell verbreitete, aber scheinbar hatte er genau das bewirkt. Er ärgerte sich.
Aber andererseits, dann sollte es so sein. Wenn sie schon so unvorsichtig war, sollte Hohepriesterin Randreyah auch den Sturm ernten. Daraus würde sie gewiss lernen. Sie war von ihrer Art manchmal noch so jung und ungestüm! Wozu hatte sie denn einen vernünftigen Geist?

Noch bevor sich Ran verabschieden konnte, knallte jemand die Tür auf und stapfte herein, angekündigt von einer unvergleichlichen Polterstimme. Fjodre. "Bei allen Göttern, Randreyah!", brüllte dieser wie ein Rachegott. "Wie kannst du es wagen so unvorsichtig und unverschämt zu handeln!"
Ran sprang auf und starrte den Zwerg verblüfft an. Wovon redete er? Stimmte etwas mit der Quelle nicht, doch der Zwerg sagte es ihr auch schon.
"Ihr", er deutete mit dem Finger auf Veray und sie. "Ihr beide, seid das Gespött des Tempels!" Der Zwerg zitterte vor Wut. Zorai sprang auf und wollte etwas sagen, doch er sah, dass Ran anscheinend wusste, wovon der Zwerg sprach, oder es zumindest ahnte. Sie starrte Fjodre kreidebleich an. "Was meinst du", sagte sie tonlos. "Davon, dass du, dass du", der Zwerg lief vor Entsetzen und Scham rot an. "Dass du es mit ihm da in den Badehäusern getrieben hast!", platze es aus ihm heraus. Ran setze sich hin. "Und was genau erzählt man sich?", fragte sie fassungslos.
Der Zwerg atmete durch und drückte seine Nasenwurzel. "Die schauerlichsten Dinge", sagte er.

"Verboten nicht, aber unangebracht!", brummte der Zwerg. "Vorallem wenn es heisst, Messer und sadistisches sei vorgekommen", er erschauerte, "Ich weiss ja nicht, was wirklich da gelaufen ist, aber was man sich erzählt ist einfach abartig für eine Hohepriesterin." Er sah Ran scharf an.
"Das ist ein Gerücht", meinte Ran dann gefasster. "Irgendjemand will meinem Ruf schaden."
"Wer denn?", fragte der Zwerg herablassend.
"Jemand, der eiversüchtig ist, jemand der den Platz des Hohepriesters will... Was weiss ich", meinte sie schulterzuckend.
"Ein Priester hat euch gesehen. Einer von den langweiligen, Klischee-Priestern", meinte der Zwerg. "Also was hat er gesehen?" Sein Tonfall war versöhnlicher und er verschränkte die Arme und stellte sich breitbeinig hin.
"Ich gebe zu mit Veray die Badehäuser besucht zu haben und wir sind uns da näher gekommen, doch Messer und das Zeug gab es nicht", sagte sie ruhig.
"Es wird von Blut berichtet", sagte der Zwerg und kniff die Augen zusammen.
"Das kann ich mir nicht vorstellen", meinte Ran.
"Ein blutiges Tuch wurde gefunden..."
"Ah das", meinte sie und lachte verlegen. "Ich habe mich am Abend zuvor geschnitten und die Wunde ist aufgegangen. Daher das Blut. Im heissen Wasser bluten Wunden stärker."
Der Zwerg brummte. Plausible Erklärung. "Es gibt aber noch andere Gerüchte... Und für eine Hohepriesterin gebührt sich keine Liebschaft", meinte er.

"Was für Gerüchte", fragte sie zischend.
"Ein uneheliches Kind ist auch nicht gerade das schönste im Lebenslauf einer Hohepriesterin", meinte der Zwerg.
"Nun übertreib mal nicht Fjodre", meinte Zorai und nahm einen Schluck Tee. Er war über die Situation äusserst amüsiert.
"Ein uneheliches Kind, das ich nicht lache. Hier wird die Ehe nicht so sehr geschätzt, wie andernorts. Immerhin hast du doch drei uneheliche Kinder", meinte er und sah den Zwerg dämonisch über den Tassenrand an. Der Zwerg schnappte nur nach Luft und sagte garnichts dazu. "Wie auch immer", brummte er. "Bereite das Fest vor und Randreayah sei das nächste Mal vorsichtiger. Wenn ihr mich entschuldigt", sagte er, verneigte sich knapp und ging.
Ran atmete auf und drehte sich zum Tisch. Sie wollte keine Gerüchte im Umlauf lassen. "Grins nicht so", fuhr sie Zorai an, welcher sie amüsiert und mit einem breiten Grinsen beobachtete. "Tu ich doch garnicht", meinte dieser fröhlich und trank seinen Tee.