"Iselin wird mich suchen. Sie erwartet mich sicherlich bereits auf dem Marktplatz, aber du hast recht. Ich kann einfach sagen, dass ich mich verlaufen habe. Es könnte schliesslich, das erste Mal sein, dass ich mich in Ravi aufhalte." Sie lächelte verschwörerisch, wurde dann aber gleich wieder ernst. "Bis dahin muss ich mich aber verstecken. Im Novizinnenkleid wird man leicht erkennen, wo ich hingehöre. Kennst du einen Ort, wo ich nicht weiter auffallen würde?"

"Einen Unterrock und Unterwäsche.", meinte sie dann. "Sonst nichts. Weisst du wo ich was anderes auftreiben kann? Ich habe ein wenig Geld dabei, dass ich beim Würfel gewonnen habe."

Rasch zog sie das Novizinnenkleid aus und schlüpfte in die abgetragene Hose und streifte sich zum Schluss noch die Tunika über. Ihre Haare versteckte sie unter einem kleinen Hut. Jetzt konnte sie sogar als Junge durchgehen. "Was jetzt?", fragte sie, als sie wieder hinaustrat. "Gehen wir in ein Wirtshaus und würfeln ein wenig, bis es dunkel wird? Ich könnte ein wenig Geld gebrauchen."

"Weiss nicht. Bei Menschen weiss ich, dass sie meist etwas getan haben, was verboten ist. Ein Tier kann das ja nicht. Es versteht einfach nicht. Deshalb will ich Eiswolke auch helfen. Ihm..." Sie deutete auf den Käfig über ihren Köpfen. "kann ich nicht helfen. Ich kenne ihn nicht und verstehe ihn nicht. Eiswolke verstehe ich hingegen.", erklärte sie und trottete dann Lor hinterher in eines der Wirtshäuser. Sie nahm neben ihm auf einem der Bänke platz und blickte sich um. Eine Gruppe von Männern würfelte am selben Tisch. Lor bestellte sich ein Bier, während sie die Augen schloss und dem Klang der Würfel lauschte.
Als eine Magd Lor ein Bier brachte, holte sie ihren Geldbeutel hervor und stand auf. "Kommst du auch und würfelst ein wenig?", fragte sie ihn, bevor sie ein wenig näher an die Männer trat. "Kann ich ebenfalls mitspielen? Ich habe auch Geld dabei." Sie holte ein halbes Silberstück hervor. Die Männer blickten sich gegenseitig an und begannen dann zu lachen. Ohne weiter auf das Gelächter zu achten, setzte sie sich neben einem bärtigen Mann und legte ein viertel Silber als Einsatz auf den Tisch. Dann packte sie den Becher, schüttelte ihn und knallte ihn dann umgekehrt auf den Tisch. "16.", sagte sie selbstsicher. Der Bärtige schmunzelte und legte ein viertel Silber neben das ihre und die andere taten es ihm nach. Jeder von ihnen sagte eine Zahl und Idril hob den Becher. Zwei fünfer und eine Sechs. Mit einem breiten Grinsen strich sie das Geld ein und der Bärtige klopfte ihr auf den Rücken. "Du gefällst mir. Du kannst mitspielen, Kleiner."

Einer der Männer fluchte ungehalten, als Idril wieder ein paar Silber- und Kupferstücke einstrich. "Du hast das Glück der Göttin, Knirps. Es sind meine Glückswürfel und dennoch ziehst du mich bis auf das letzte Hemd aus. Ich steig aus. Ich will schliesslich noch genug Geld haben, damit ich was saufen kann." Nach ein paar weiteren Runden, von denen Idril wieder drei Gewann, stieg bis auf einen auch der Rest aus. Der letzte war ein durchschnittlicher Kerl mit einem grossen Schnauz, den er immer wieder wütend zwirbelte. An seiner Kleidung konnte sie erkennen, dass er zu der reicheren Schicht der Stadt gehörte. Er schüttelte den Becher und legte seinen Einsatz, eine viertel Silbermünze, auf den Tisch. "Dreizehn!"
Idril blickte ihn nachdenklich an und legte dann ebenfalls eine viertel Silbermünze auf den Tisch. "Sieben!" Der Mann hob den Becher und die Augensumme war zwölf. Idril erhielt den Becher und jeder legte noch einmal eine viertel Silbermünze auf den Tisch. Wieder klapperten die Würfel über die Tischplatte und wieder lagen beide falsch. Am Ende häufte sich der Betrag auf zwölf Silbermünzen. Der Mann schwitzte, zwirbelte seinen Schnurrbart und knallte den Becher auch den Tisch. "Siebzehn!"
"14.", sagte Idril ruhig und der Mann hob den Becher. Eine Sech, eine Drei und eine Fünf lagen auf dem Tisch. Mit einem breiten Lächeln streckte sie die Hände nach den Münzen aus und erstarrte, als der Mann nach seinem Dolch griff.
"Ich weiss nicht wie, doch ich weiss dass du betrügst.", knurrte er.
"Lass den Jungen. Es sind meine Würfel.", vergiss das nicht, brummte einer der Männer. "Und wenn du ihn des Falschspielen beschuldigst, dann beschuldigst du auch mich." Die Warnung war selbst für den Schnauzbärtigen nicht zu überhören und er liess den Dolch los.
"Also gut. Noch eine Runde. Gib mir die Chance wenigstens etwas zurückzugewinnen." Er reichte er den Becher mit den Würfeln. Sie schüttelte ihn und kippte ihn dann auf den Tisch.
"14!", sagte sie mit bestimmter Stimme.
"13." Der Mann legte ein viertel Goldstück auf den Tisch. Idril musste rasch in ihrem Geldbeutel suchen, bevor sie das halbe Goldstück fand. Sie brach es an der Tischkante entzwei, bevor sie einen viertel auf den Tisch legte und dann den Becher hob. Zwei sechser und eine eins. Mit einem lauten Lachen nahm der Schnauzbärtige das Gold und steckte es in die Tasche.
"Siehst du!", brummte der Mann, dem die Würfel gehörten, "Selbst all das Glück der Göttin reicht nicht für ewig. Gut gespielt, Kleiner.", sagte er und schlug ihr auf den Rücken. Es war wohl freundlich gemeint, doch Idril fiel trotzdem fast von der Bank, was allgemeine Heiterkeit unter den Gästen hervorrief. Mit einem verlegenen Grinsen rückte sie ihren Hut wieder zurecht, bevor sie ihr Geld wieder einsammelte und zu Lor rüberging.
"Das hat sich gelohnt.", meinte sie grinsend und wog den schweren Geldbeutel in ihrer Hand. "Gehen wir jetzt. Es wird schon langsam dunkel." Sie nichte in Richtung Fenster, wo die letzten Sonnenstrahlen den Schankraum erhellten.