Sie nickte und Lor winkte eine der Schankmägde heran. Kurze Zeit später hatte Idril einen grossen Teller voll mit dampfendem Hammeleintopf vor sich. Sie schnupperte gierig in der Luft und lächelte dann breit, bevor sie den Löffel in die Brühe tauchte. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, dass sie Iselin einfach so davongelaufen war, doch sie musste Eiswolke einfach retten. Die alte Priesterin hätte sicherlich Verständnis für ihren Wunsch gehabt, doch sie hätte keinen Finger gerührt um sie zu unterstützen.
"Wie geht es deinen Freunden eigentlich?", fragte sie mit vollem Mund.

Das Mädchen nickte nur und leerte den Rest ihres Tellers schweigend. Als sie die Reste mit einem Kanten Brot zusammenkratzte sah sie vorsichtig zu ihm rüber. "Wie lange sollen wir noch warten? Ist es jetzt dunkel genug?" Sie blickte aus dem Fenster raus. Die Sonne war mittlerweile untergegangen und drei Betrunkene prügelten vor der Schenke aufeinander ein.

"Hast du ihr weg getan?", fragte Idril zurück. "Wenn ja, dann könnte es schon sein, dass sie dir an den Kragen will. Aber keine Angst, ich werde sie überzeugen können, dich in Ruhe zu lassen, falls dies der Fall wäre."
Einer der Männer, die den Greifen vorgeführt hatten, kam zum Käfig und gähnte herzhaft. An seinem Gürtel rasselte ein Schlüsselbund und in der Hand hielt er einen kurzen Speer. "Wir können doch nicht zulassen, dass die Menschen dich einfach so begaffen. Wie sollen wir denn da an unser Geld kommen.", brummte er und setzte sich auf einen Stuhl vor dem Käfig hin. Der Rest der Gruppe, etwa 5 Mann, hielten sich in einem Wirtshaus gegenüber des Käfigs auf. Es würde also nicht allzu leicht werden.
"Was tun wir jetzt?", flüsterte sie. "Schnappen wir uns die Schlüssel und befreien wir sie?"

"Ich bin mir sicher, dass sie dich in ruhe lassen wird. Du hast ihr ja nichts getan und ausserdem bis du ein guter Mensch.", erwiderte sie und lächelte zu ihm runter. Dann blickte sie wieder zum Käfig. Die Wache sass noch immer am gleichen Ort, doch sie wusste nicht wie sie an die Schlüssel gelangen konnte. Ausserdem war Iselin sicherlich schon ins Kloster zurückgekehrt. Sie hoffte inständig, dass Drewngard heute nicht zum Kloster gegangen war um ihnen Fleisch zu bringen. Mittlerweile hatte es sich sicherlich herumsprechen, dass eine Novizin fehlte. Er würde sich sicherlich Sorgen machen und wenn er herausfinden würde, dass sie absichtlich davongelaufen wäre, würde seine Sorge sicherlich schnell in Zorn umschlagen. Sie verdrängte diese Gedanken und schaute wieder runter zu Lor. "Könntest du die Wache nicht niederschlagen und ihm den Schlüssel abnehmen? Ich bin nicht sonderlich gut ihm stehlen.", schlug sie vor. "Ich halte von hier oben Aussicht und pfeife, wenn jemand kommt. Sobald du den Schlüssel hast, komme ich zu dir, schliesse den Käfig auf und Steinwolke ist frei."

Idril hatte Pech gehabt. Drewngard war im Kloster gewesen und hatte sich gefreut das Mädchen und Muirgeahl wiederzusehen, doch noch am Tor richtete Iselin ihm unter Tränen aus, dass Idril vermisst wurde, seit dem Morgen. Er hatte das erbeutete Reh fallen lassen und war sofort nach Ravi geeilt, um das Mädchen zu suchen. Die Sorge um sie und die Angst, dass die Schwarzmagier sie gefunden hätten, stieg und machte ihn nervös.
Er war durch die Strassen geeilt, hatte in den Wirtshäusern nachgesehen und nichts gefunden. Wittern konnte er sie bei all den anderen Gerüchen der Stadt nicht.
Angst machte ihn nervös und reizbar und so liess er sich nicht von zwei Volltrotteln aufhalten, die Interesse an seiner Geldbörse hatten - die Nebelläufer waren mindestens so bekannt, wie die Priesterinnen, doch scheute sich niemand, sie aufs Korn zu nehmen, was sie aber meistens bereuten. Er schlug den beiden beinahe wörtlich die Köpfe ein, sah nicht genauer nach, ob sie die Prügelei überlebt hatten, aber als er sie als zwei Häufchen Elend im Graben hatte liegen lassen, hatten sie noch geatmet.
Er eitle weiter durch die dreckigen Gassen Ravis und blieb abrupt vor einem Käfig stehen. Goldene Augen richteten sich auf ihn und der Greif schnellte in die Höhe, fauchte und zischte ihn drohend an. Drewngard knurrte nur missmutig. Er mochte Greife genauso wenig, wie die Federbüschel ihn. Aber das war kein Grund sich jetzt davon aufhalten zu lassen. Er musste Idril finden. Und sie schien nahe, denn er konnte ihren Geruch wieder aufnehmen. Zwar war die Spur nur fein, aber sie war da.
"He da!", rief der Mann, der das Tier bewachte. "Hier gibt's nichts zu sehen, hau ab!" Mit einem schmalen Lächeln wandte Drewngard sich um und verschwand in eine Seitengasse, bog einige Male ab und stand plötzlich hinter Lor, der gefährlich nach Zwergenpulver roch. Ein Geräusch liess ihn hoch blicken und seine Augen verengten sich zu schlitzen. "Idril!", zischte er, "Was bei allen Göttern machst du da?"

"Idril suchen", meinte der Drache verärgert. "Was habt ihr beidrn vor? Und wozu das Zwergenpulver?"