"Nein", antwortete Drewngard, "Sie hatte sich nur verlaufen und war beim herumtollen in den See gefallen... Ein Freund von mir, hat auf sie aufgepasst, bis ich sie gefunden habe. Sie sah auch nicht zu verängstigt aus... Ich glaube, sie konnte nur den Weg zurück nicht alleine finden..."

Ilayda nickte erleichtert. "Gut, dann ist für mich klar, wie ihre Konsequenzen jetzt aussehen werden. Würdet ihr mir verraten, wo ihr sie gefunden habt?"

"Ich ging durch die Strassen von Ravi und rief nach ihr, da kam sie mir entgegen gerannt, pflatschnass und frierend... Also habe ich ihr die nächstbesten Kleider besorgt, damit sie sich nicht den Tod holt. Der Freund, den ich erwähnt habe, hat sie aus dem See gefischt, sie soll hinein gefallen sein, weil sie zu übermütig dem Kai entlang gerannt war", antwortete er und liess Idril dem Gespräch durch seinen Geist folgen, ohne ihr zu erlauben, sich einzumischen. Die kleine war nicht neben ihm, aber auch nicht zu weit weg, als dass er sie nicht erreicht hätte.

"Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt meine Fragen zu beantworten. Ich würde, wenn ich euch wäre, noch ein wenig warten. Idril scheint sehr an euch zu hängen und sie wird sich wahrscheinlich wünschen, dass ihr sie ein wenig tröstet." Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging mit einem Ausdruck grimmiger Entschlossenheit zurück zu ihrem Gemach. Ilayda war es lieber, dass die Novizinnen ihr wegen einer Tracht Prügel grollten, als dass sie geschändet und ermordet in den Gossen Ravis endeten.
Idril schwang nervös die Beine hin und her. Ihr schwante gar nichts gutes. Ihre Befürchtungen schienen bestätigt zu werden, als die Priesterin ihr mit einer Geste bedeutete aufzustehen, sobald sie den Raum betreten hatte. "Dein Beschützer hat mir erzählt unter welchen Umständen er dich gefunden hat, Idril, dennoch würde ich es auch gerne von dir hören." Stockend wiederholte Idril die Lüge, die sie sich erdacht hatte. Als sie geendet hatte blickte sie in das strenge Gesicht der Priesterin. "Also hattest du keinen triftigen Grund Iselines Anweisungen zu missachten?"
Das Mädchen schüttelte nur wieder den Kopf und schluckte als Ilayda nach etwas griff, dass ihr verdächtig nach einer Gerte aussah.

Idril stolperte aus dem Zimmer. Ihre Schenkel und Gesässbacken brannten vor Schmerz. "Vielleicht wirst du unseren Anweisungen jetzt besser folge leisten.", sagte die Priesterin ruhig. Dem Mädchen lag eine scharfe Antwort auf der Zunge, doch sie war klug genug sie hinunterzuschlucken. Es erforderte ihre gesamte Willenskraft um nicht vor der Priesterin in Tränen auszubrechen, doch diese Demütigung würde sie sich um jeden Preis ersparen. Ilayda schloss die Türe hinter ihr und Idril lehnte für einen kurzen Moment die Stirn gegen die kühle Steinwand. Sie holte einige Male zitternd Luft, bevor sie sich wieder auf den Weg in Richtung Garten machte. Drewngard war noch immer da. Er hatte es sich auf einer Bank unter dem Kirschbaum bequem gemacht. Das traf sich gut.
Im Moment wollte sie nichts anderes, als ein wenig mit ihm zu kuscheln. Sie ging ohne Hast auf ihn zu und kletterte dann auf seine Knie hoch. Erst als sie sich hingesetzt hatte entwich ihr ein leises Schluchzen und sie vergrub das Gesicht an seiner Schulter.

Drewngard hielt das Mädchen fest, währendem sie weinte und strich ihr beruhigend übers Haar. Erst als sie sich etwas im Griff hatte, hob er sie hoch setzte sie neben sich und hielt ihr eine Hand voll Kirschen und eine Holzflöte hin. Er sagte nichts sondern strich ihr nur eine Strähne aus dem Gesicht und wischte ihr ein zwei Tränen weg.

Sie lächelte, als sie seine Gaben sah. Sie nahm sich drei von den Kirschen und steckte sie sich in den Mund. Die Flöte nahm sie ebenfalls vorsichtig in die Hand und bewunderte sie ausgiebig, bevor sie sie in ihrer Kleidung verstaute. Im Moment hatte sie keine Lust zu spielen, ausserderm bezweifelte sie, dass jemand erfreut darüber wäre, falls er um Mitternacht durch ihr Flötenspiel aus dem Schlaf gerissen werden würde. Sie schniefte und spuckte die Kerne aus. "Bei der Göttin. Ich hoffe Narum ist ein weniger nachsichtiger mit mir.", sagte sie verdrossen.

Drewngard lächelte. "Narum ist ein lieber Mann", meinte er und tätschelte ihren Kopf, "Die Priesterinen und Novizinen hier sind streng, aber sie meinen es gut mit dir..."

"Sag mir das, wenn ich wieder ohne Beschwerden sitzen kann.", brummte sie und nahm sich noch eine Kirsche. Sie kaute langsam und spuckte den Kern aus. Als sie wieder sprach, war ihre Stimme belegt und ein wenig verlegen. "Danke, dass ich.... naja, dass ich mich bei dir ausheulen durfte. Es hat geholfen, weisst du. Einfach zu wissen, dass man jemanden hat, zu dem man gehen kann, wenn man ihn braucht."

Der Drache lächelt sie an und hob sie hoch. Die Waffen hatte er abgelegt und so konnte er sich das Mädchen problemlos auf die Schultern setzen. "Die Kirschen weiter oben sehen lecker aus, pflückst du mir bitte welche?", meinte er grinsend und ging mit ihr zum Kirschbaum.