Drewngard folgte dem Mädchen, dass ihn auf Umwegen zu Idril brachte. Er musste schmunzeln, wann immer es in einem Gang vor ihnen so klang, als würde jemand ... beten, wechselte die junge Novizin sofort die Richtung, wobei sie stets errötete und ihm einen entschuldigenden Blick zuwarf.

Schliesslich schaffte Alva es doch Drewngard in die geschlossenen Bereiche zu führen, wo sich Iseline mit den jungen Novizinnen aufhielt. Die Meisten von ihnen plapperten wild durcheinander und schienen die freie Zeit zu geniessen, welche das Fest der Fruchtbarkeit ihnen bescherte. Iseline sass auf einem Sessel und diskutierte mit Idril, die sich über etwas zu beschweren schien.
"Er hat mehrere Monate auf mich aufgepasst und immer gut auf mich aufgepasst.", behauptete Idril und stemmte die Hände in die Hüfte, was angesichts ihrer Grösse eher niedlich aussah. Iseline selbst sass still auf ihrem Stuhl und liess sich von Idrils stürmischem Temparament nicht aus der Ruhe bringen.
"Du solltest diese Zeit nutzen um dich im Gebet zu vertiefen, Kindchen.", brummte sie mahnend, "Ausserdem solltest du dir überlegen wie du zukünftigen Verfehlungen aus dem Weg zu gehen gedenkst."
Idril wurde knallrot im Gesicht. Sie verstand die Anspielung durchaus und so vor den anderen Novizinnen zurechtgewiesen zu werden, war einfach demütigend. "Ich habe nicht vor eine solche Dummheit erneut zu begehen.", sagte sie würdevoll.
Iseline lächelte und strich ihr über den Kopf. "Es war nicht böse gemeint, Kindchen. Ich die Priesterinnen der Göttin als meine Familie und die Novizinnen sind die Kinder Göttin. Unsere Pflicht ist es auf euch zu achten. Ich bin mir sicher der Nebelläufer hat seine Sache bei dir gut gemacht, doch in der kurzen Zeit die du bei uns verbracht hast, habe ich schon erkannt, dass du ein kleiner Wildfang bist. Also versuch erst auch das zu benutzen" Sie tippte Idril gegen den Kopf, "bevor du immer gleich einem Impuls folgst."
Als Alva die Türe hinter Drewngard schloss wurde es still im Saal, denn alle Blicke wendeten sich nun gegen den Nebelläufer. Einige Blicke, vor allem solche von Novizinnen, die auf der Schwelle zum Erwachsenenalter standen, waren schlichtweg schmachtend. Die meisten waren hingegen einfach neugierig.

Drewngard gefiel die plötzliche Aufmerksamkeit nicht, aber er lächelte galant. "Man hat mich gerufen", meinte er und kam auf Iseline zu. "Idril wollte mich sprechen", meinte er etwas leiser, "bevor ich zurück in den Wald gehe."

Die Novizinnen begannen wieder untereinander zu tuscheln, als Drewngard auf Iseline zu trat. "Ja. Diese junge Dame" Iseline nickte in Idrils Richtung, "wollte euch sehen und bat mich euch rufen zu lassen. Wie ich aber soeben bemerkt habe, wurde ich scheinbar übergangen." Sie warf Alva einen tadelnden Blick zu und diese lief wieder hochrot an, bevor sie sich hastig abwandte.
"Ich wollte fragen, ob ich ein Stück mitkommen kann.", fragte Idril. Sie war unruhig. Irgendetwas war Eiswolke zugestossen. Sie spürte es in sämtlichen Gliedern. Nur konnte sie damit nicht vor allen Novizinnen herausplatzen. Bevor Drewngard antworten konnte, erhob Iseline wieder die Stimme. "Ich habe ihr gesagt, dass sie es darf unter der Voraussetzung, dass ihr sie spätestens bis heute Abend zurückbringt. Die Priesterinnen kennen und vertrauen euch Nebelläufer, ansonsten würde ich so etwas nicht erlauben."

"Natürlich... Ich danke euch für euer Vertrauen, Schwester Iseline", antwortete der Drache und sah Idril an. "Ich werde sie bis spätestens Sonnenuntergang zurück bringen."
Die Blicke und das Geflüster der Novizinen machten ihn nervös, vorallem, weil er genau hören konnte, was sie da tuschelten und das gefiel ihm gar nicht. Er deutete kurz eine Verbeugung vor Iseline an und deutete Idril mitzukommen.
Als sie draußen waren fragte er das Mädchen, was los sei und wieso sie so nervös war.

"Eiswolke! Irgendetwas ist ihr zugestossen. Ich kann es fühlen. Es macht mich ganz kribbelig." Sie klammerte beide Hände fest um Biredhs Blindenstock. "Sie ist irgendwo im Wald. Wir müssen sie suchen."

Drewngard seufzte. Es war schon genug, sich um Idril zu kümmern, aber Krankenschwester für einen Greifen zu spielen war zu viel des Guten. Nichtsdestotrotz nickte er und eilte mit Idril in Richtung Wald. Sobald sie dir Bäume erreicht hatten, hob er sie hoch. "Weisst du in welche Richtung ich laufen soll? Ihr Gruch ist sehr schwach...", fragte er und hielt die Nase in den Wind.

Idril konzentrierte sich für einen Moment und deutete dann in Richtung Norden. "Da lang.", sagte sie bestimmt und lief los, sobald Drewngard sie wieder runtergestellt hatte. Zum ersten Mal war sie dankbar für das strenge Training von Markai. Sie konnte ohne Unterbrechung eine lange Strecke rennen ohne müde zu werden. Nach etwa zwanzig Minuten hörte sie einen Mann fluchen. "Verflucht nochmal. Halt still du verdammtes Biest." Danach erklang ein gequälter Laut und der Mann lachte.
"Bring sie mir nicht um. Wir haben sie die ganze Nacht verfolgt und wenn sie nicht so erschöpft von den Kämpfen gewesen wäre, hätten wir sie nie im Schlaf überraschen können.", knurrte eine tiefe Stimme. "Seit wir sie haben, machen wir fast jeden Tag 5 Goldmünzen Gewinn."
Idril duckte sich hinter einen Busch und beobachtete die Szene vor ihr. Sechs Männer standen um Eiswolke. Vier davon hielten Ketten, die von einem schweren eisernen Halsreif ausgingen. Sie würde sie damit nicht durchkommen lassen. Sie packte den Stock fester und spürte wie der Zorn in ihr hochkochte. Sie würde jeden einzelnen dieser Männer aus dem Wald verjagen und Drewngard würde ihr dabei helfen.

"Halt still", hauchte Drewngard und tappte ihren Kopf mit seiner grossen Hand nach unten. "Wenn sie uns sehen, töten sie uns... Was hast du vor Idril? Wieder unüberlegt handeln?"

Sie funkelte ihn an, doch hielt still. Er hatte ja recht, auch wenn sie es nicht gerne zugab. Sie schloss die Augen und dachte nach. Wie sollte sie Eiswolke nur wieder befreien können? "Können uns die Nebelläufer helfen?", flüsterte sie zurück.