Wusste Gilthen das nicht schon längst? Nun, wie auch immer. "Wir haben eine schmale Bresche in die Pikeniere geschlagen, und sie nur wenig verbreitert. Durch diese Lücke konnten wir in die Reihen der Soldaten dahinter eindringen. Wir bildeten einen drei bis vier Mann tiefen Keil parallel zur Schlachtlinie und trieben ihn auf eine Seite zwischen die Pikeniere und die anderen Soldaten, töteten die Pikeniere von hinten und kehrten so zum Hauptheer zurück. Die Strategie funktioniert auch, wenn man nicht gegen Pikeniere kämpft, die meisten Soldaten rechnen nicht damit, von hinten angegriffen zu werden. Aber bei den Pikenieren war es zusätzlich leicht, weil sie ihre Hauptwaffe nicht wenden konnten. Was die zweite Frage betrifft..." Sie verzog das Gesicht. "Ich bezweifle nicht, dass viele meiner Leute reiten können. Aber ich glaube nicht, dass einer von ihnen je vom Pferd aus gekämpft hat. Mich übrigens eingeschlossen. Die meisten von uns kämpfen mit Schwert oder Axt, und Schild, aber wir haben auch einige Hellebardiere. Und wir sind besser im Angriff als in der Verteidigung."
If you're going through hell, keep going.

Armelion nickte. "Dann werden wir euch als Fusstruppen einsetzen müssen, aber wartet mal... habt ihr schon einmal auf hoher See gekämpft? Der Feind auf den wir uns zuerst konzentrieren müssen ist das Adelshaus Vaesna. Sie kontrollieren die Halbinsel und die Insel am Ausgang dieser Bucht. Duriens Flotte ist zwar stark, aber die von Vaesna ist ihm mindestens ebenbürtig. Unser Plan lautet folgendermassen. Ich führe eine Schar von Reitern und blockiere den Zugang zu der Halbinsel. Zur selben Zeit wird eine Flotte die Dörfer und Städte auf der Halbinsel einnehmen und sichern. Es wird sicher zu Gefechten auf dem Meer kommen, aber wenn wir Glück haben, wird es uns gelingen diesen Teil von der Grafschaft rasch einzunehmen. Und dann müssen wir nur noch den Hauptsitz von Graf Vaesna einnehmen. Die Stadt heisst Eyni und liegt unterhalb der Insel Tyre an der Küste." Er machte eine kurze Pause und schaute die anderen Söldner an. "Falls ihr und eure Söldner seetüchtig sind, werdet ihr zur Flotte geschickt werden, falls nicht.... nun dann werdet ihr eine Weile in der Nachtzinne bleiben müssen und Wachdienst schieben.", schloss er mit einem Grinsen.


"In einer Woche.", erwiderte er. "Versucht euch zu schonen und ruht euch aus. Wir brauchen euch in einem Stück, wenn wir in den Kampf ziehen." Armelion salutierte und ging raus. Er hatte alles besprochen was es zu besprechen gab und er wusste genug über sie. Er würde die Zeit brauchen um die Reiter vorzubereiten. Sie würden höchstwahrscheinlich nicht gegen eine grössere Truppe Pikeniere kämpfen müssen aber man konnte ja nie wissen. Er würde mit den Reitern ein Manöver einüben. Vielleicht würde es ihm ja gelingen die Pikeniere mit der Kavallerie zu schlagen. Trotzdem hoffte er, dass keine solche Truppen auftauchen würden. Er würde auch so schon genug grosse Probleme haben. Mit ein paar hundert Reitern den Zugang zu der Halbinsel abzuschneiden würde verdammt schwierig werden.

Sie hielt seine Anweisungen bezüglich ausruhen mässig ein. Sie verzichtete darauf, auf irgendwelche Dächer zu klettern oder sich zu prügeln, aber sie weigerte sich, noch einen weiteren Tag im Bett zu verbringen. Die Woche verging viel zu langsam, wenn es nach ihr ging. Sie war unruhig, gereizt und ungeduldig. Irgendwann merkte sie, dass die Männer ihr lieber aus dem Weg gingen und versuchte, sich zusammen zu reissen, ohne merklichen Erfolg. Am fünften Abend fragte sie Nesh bei einem Becher Wein: "Ich bin ein Arsch, nicht? Ich hab überhaupt keinen Grund, euch dauernd anzubrüllen."
Er lächelte nur schief. "Du bist die Tochter deines Vaters. Er war kein bisschen besser, wenn er warten musste."
Schliesslich, acht Tage nach der Ankunft in der Nachtzinne, marschierte die Armee zum Hafen hinunter und wurde auf Schiffe verladen. Ro kam es absurd vor, wie viele Leute auf einem einzigen Schiff zusammengepfercht wurden, aber vielleicht standen nicht mehr Schiffe zur Verfügung. Oder vielleicht war das ja auch so üblich. Die Schiffe hatten Segel, aber auch Ruder. Man teilte ihnen mit, dass diese erst in der Schlacht eingesetzt würden, zur besseren Manövrierbarkeit, und teilte sie in Gruppen ein, die sich abwechseln sollten.
Als die Schiffe schliesslich Anker lichteten und in das ruhige Meer hinausfuhren, war es schon nach dem Mittag. Ro stand an der Reling und blickte über das Wasser. "Das gefällt mir nicht", sagte Nesh. "Kämpfen auf Schiffen."
Sie blickte auf. "Wieso?"
Er verzog das Gesicht. "Schlechte Erfahrungen damit vielleicht?"
Sie wusste nichts darauf zu sagen und versuchte die Erinnerung an den Flusskampf aus ihrem Kopf zu vertreiben.
Die "Bucht", wie der Elf gesagt hatte, war so weit, dass sie das gegenüberliegende Ufer auch am Abend noch nicht sahen. Als es ganz dunkel wurde, wurden Lampen angezündet und die meisten Männer legten sich irgendwo hin um zu schlafen. Auch Ro schlief schliesslich am Bug zusammengerollt ein.
Als sie wieder erwachte, dämmerte der Morgen. Sie streckte sich, ass etwas von dem Proviant, den man ihnen allen gegeben hatte und stellte sich wieder an die Reling. Ein leiser Wind strich über das Wasser und das Schiff schaukelte sanft auf den Wellen. Während der Himmel allmählich heller wurde, konnte sie Land am Horizont ausmachen. Ein flacher Streifen Küste, schwarz gegen den immer heller werdenden Himmel. Sie blickte nach Osten, von wo sie gekommen waren, und sah nur Wasser, tiefblau, mit Reflexen, die die Farben des Himmels wiederspiegelten. Sie wandte sich wieder um und nun sah sie, dass vor dem Land noch etwas war: kleine, dunkle Punkte auf dem Wasser. Schiffe.
Sie hörte, wie jemand etwas rief. Die Stille verschwand, als die Männer erwachten, aufstanden und ihre Rüstungen anlegten. Die schwarzen Punkte schienen näher zu kommen. Die erste Ruderschicht setzte sich in die Bänke. Ro blickte weiter unverwandt nach Westen. Dann trat die Sonne über den Horizont und ihre Strahlen tauchten das Meer in eine Fülle von Farben. Und auf dem Wasser zwei Flotten die sich gegenüberstanden, dunkles Holz und weisse Segel.
If you're going through hell, keep going.

Die gesamte Reiterei umfasste nicht mehr als 300 Mann. Es würde ein schwieriges Unterfangen werden mit so wenig Männern den Zugang zu der Halbinsel zu blockieren, wenn nicht gar unmöglich. Vielleicht hätte er trotzdem einige Fussoldaten mitnehmen sollen. Er war nach sieben Tagen losgezogen. Er würden Vorsprung brauchen. Es wehte ein beständiger Ostwind, was ein Vorteil für ihre Flotte sein würde.
Ormud ritt zu seiner rechten und Caelria zu seiner linken. Die Elfe hatte darauf bestanden mit ihm zu kommen. Der Rest der Elfentruppe war zurück in den Tiefland-Wald gezogen um ihn gegen allfällige Angriffe der Grafen zu verteidigen. Caelria grinste ihn übermütig an und gab ihrem Pferd dann die Sporen. Sie würde vorausreiten und die Gegend erkunden. Die Elfe nahm zwei Ersatzpferde mit. Auf diese Weise würde sie viel schneller vorankommen als der Rest der Truppe.
Armelion trug immer noch seine Drachenrüstung. Den Helm hatte er sich allerdings an den Gürtel geschnallt. Er brauchte eine freie Sicht und der Helm gab ihm immer das Gefühl eingeengt zu sein.
"Wir brauchen etwa vier Tage, wenn wir in diesem Tempo weitermachen Legat. Allerdings müssen wir dann hoffen auf keine Feinde zu treffen, da sich unsere Pferde ausruhen müssen.", sagte Ormud.
Armelion nickte und erwiderte, "Ein Dorf liegt am Anfang der Halbinsel. Wir werden es einnehmen und von dort aus das Gebiet überwachen. Ich will keine unnötige Gewalt. Die Menschen sollen soweit es geht verschont werden." Er wusste er durfte die Tiere und die Männer nicht zu fest anstrengen. Sie würden ihre Kräfte brauchen falls es zu einer Schlacht kommen würde.
"In Ordnung Herr...."
"Nenn mich nicht so.", unterbrach ihn Armelion. "Ich bin nicht dein Herr, noch werde ich es je sein."
Ormud zuckte mit den Schultern. "Ihr seid mein Vorgesetzter also seid ihr ein Herr und damit schluss!", brummte er.
Der Elf seufzte und schüttelte den Kopf. Menschen waren immer so verflucht stur. Er schwieg für den Rest des Tages, allerdings unterhielt er sich in Gedanken mit Neyamrin, der die Gegend zu kennen schien. "Ich ging hier früher oft auf die Jagd.", erklärte er mit ernster Stimme, "Es gibt hier wunderbare Tiere. Sie sind fast wie kleine Rehe nur schmecken tun sie viel besser."
Ein Bild von einer Gazelle tauchte in Armelions Kopf auf und er spürte wie ihn die Lust auf eine Jagd ansteckte. Er unterdrückte den Wunsch und zwang sich auf die vor ihm liegende Aufgabe zu konzentrieren. Sie hatten genug Proviant, allerdings müssten sie bald neue Vorräte auftreiben. Jeder der Männer hatte nur genug essen für eine Woche. Ihnen würde wohl nichts anderes übrig bleiben, als sich von den Dorfbewohner zu nehmen was sie brauchten. Doch er würde nicht zulassen, dass die Leute wegen ihm verhungern würden.

Der Schiffskommandant schrie Befehle, die Segel wurden gerefft und die Ruderer legten sich in die Riemen. Nach vier, fünf Schlägen waren die Schiffe bereits schneller als zuvor mit dem Wind. Wie wütende Wespen schossen sie aufeinander zu. Ein gegnereisches Schiff näherte sich ihnen frontal, so nahe dass Ro sich schon bereit machte, nach hinten zu springen, wenn sie aufprallen würden, doch dann gab es einen Ruck, der sie gegen die Reling taumeln liess, dass Holz knarrte und ihr Schiff änderte den Kurs und hielt auf ein gegnerisches weiter rechts zu, dass diagonal zu ihnen stand. Der Kommandant trieb die Ruderer an und sie nahmen weiter an fahrt auf, geradewegs auf die Mitte des anderen Schiffes. Ro begriff plötzlich, wozu die Metallverstärkung am Bug gedacht war.
Sie hechtete nach hinten und im nächsten Moment krachte es ohrenbetäubend und das Schiff kam abrupt zum stehen. Sie rappelte sich auf und sah, dass der Metallsporn tief in der Seite des anderen Schiffs steckte. Sofort versuchten einige Gegner auf ihr Schiff zu kommen. "Lasst sie nicht rüber!", brüllte der Kommandant. Ro, die immer noch zuvorderst stand, zog den Säbel und stiess ihn dem vordersten der Männer durch das Kettenhemd in die Eingeweide. Während sie die Klinge noch wieder herausriss kam der zweite auf sie zu. Sie duckte sich unter seinem Schwertstreich durch und trat ihm unter die Rippen, wodurch er rückwärts über die Reling fiel und mit einem Platschen im Wasser landete. Sie richtete sich auf, sah wie Danva dem dritten Gegner den Garaus machte, nahm einen Schritt Anlauf und sprang auf die kleine, erhöhte Fläche beim Bugspriet. Als der vierte auf ihr Schiff kommen wollte, schlug sie ihm den Kopf von den Schultern, was seine Kameraden einige Augenblicke lang abschreckte.
Sie fragte sich, ob sie jetzt entern sollten, doch der Kommandant befahl rückwärts zu rudern. Die Ruderer legten sich ins Zeug, aber sie steckten irgendwie in der gegnerischen Schiffswand fest, denn zuerst tat sich überhaupt nichts, dann schossen sie plötzlich mit einem Ruck nach hinten. Ro verlor promt das Gleichgewicht und kippte vornüber von Bord. Dabei schlug sie hart mit der Schulter auf den Bugspriet und wurde herumgedreht, schaffte es aber, sich mit der linken Hand daran fest zu klammern. Mit einem heftigen Ruck in ihrer Schulter stoppte der Fall. Ihre Füsse baumelten etwa einen halben Meter über der Wasseroberfläche. Sie schluckte leer. Ungemütliche Lage, vorallem weil ihre Finger vermutlich bald abrutschen würden. Danva's Kopf tauchte über der Reling auf und sie konnte geradezu sehen, wie er aufatmete. "Gib mir deine Hand!"
"Welche denn?", fragte Ro. Die Linke brauchte sie, um sich festzuhalten, und in der Rechten lag ihr Säbel.
Danva erkannte das Problem, fluchte und rief zwei anderen Männern. Er lehnte sich über die Reling, packte sie an der Rüstung und zu dritt zogen sie sie wieder auf Deck. Danva verpasste ihr einen Schlag auf den Rücken, der sie vorwärtsstolpern liess. Dort stand ein leichenblasser Nesh. "Mach nie wieder so eine verdammte Scheisse. Du hast mich zu Tode erschreckt." Sie lachte nur.
Sie liessen das angeschlagene Schiff zurück, drehten, nahmen wieder Fahrt auf und näherten sich einem anderen. Dieses jedoch sah sie kommen und drehte selber bei, sodass die beiden Schiffe im Abstand von wenigen Metern parallel zu liegen kamen. Ro machte sich bereit zu entern, wenn sie noch näher kamen, als sie ein merkwürdiges Gerät auf dem anderen Schiff sah. Es war ein metallenes Rohr, dass sich vorne verjüngte, mit einer Kurbel auf der Seite. Sie rätselte noch darüber, was das sein mochte, als jemand von den Gegnern eine Fackel auf ihr Schiff hinüber warf. Ro runzelte verwirrt die Stirn. Wollte er damit das Schiff anzünden? Das brannte doch nicht so schnell. Was war denn dass für ein verzweifelter Versuch. Einige der Männer begannen zu lachen.
Dann begann jemand die Kurbel an dem Rohr zu drehen. Ein Strahl von Flüssigkeit schoss daraus hervor, auf ihr Deck hinüber und traf die Fackel. In weniger als einer Sekunde stand alles in Flammen.
(Zur Erklärung: Griechisches Feuer)
If you're going through hell, keep going.

Sie waren schneller gewesen als er gedacht hatte. In nur drei Tagen hatten sie die kleine Siedlung erreicht. Sie hatten das Dorf ohne Probleme unter ihre Kontrolle gebracht und waren anschliessend ausgeschwärmt um eventuelle Truppen aufzuspüren. Bis jetzt hatten sie allerdings nichts gefunden, doch Armelion machte sich keinerlei Illusionen. Die Feinde würden schon bald auftauchen. Am Abend zogen sie sich wieder ins Dorf zurück. Die dürftige Palisade, die um die Häuser herum errichtet worden war, würde kaum Schutz bieten. Das Holz war zum Teil morsch und die Palisade war eigentlich auch nur als Schutz gegen wilde Tiere gedacht. Die Dorfbewohner hatten sich den Soldaten kampflos ergeben und Armelion hatte ihm Gegenzug seinen Männern verboten den Menschen irgendetwas anzutun.
Es herrschte ein angespannter Frieden zwischen den Soldaten und den Dorfbewohnern und sie gingen sich aus dem Weg wo sie nur konnten. Armelion hatte ein schlechtes Gewissen, weil er die Menschen in eine solche Situation gebracht hatte, aber er hatte keine andere Wahl gehabt.
Das Dorf lag auf einem kleinen Hügel und von dort aus konnte man weite Teile des Landes überblicken. Es war einfach ein idealer Ort um schnelle Angriffe auf vorbeiziehende Truppen auszuführen.
Als es schon dunkel war kam plötzlich einer der Späher, wie vom Teufel gehetzt ins Dorf geritten. "Legat! Legat!", rief er. "Sie kommen. Etwa 600 Mann marschieren auf die Halbinsel zu."
Armelion hatte es sich gerade vor einem Feuer gemütlich gemacht, as der Späher ankam und sprang fluchend wieder hoch. "Alles aufsitzen. Wir werden versuchen sie heute Nacht anzugreifen. Vielleicht schaffen wir es sie zu überraschen.", befahl er und rannte zu seinem Pferd. Wenn sie Glück hatten konnten sie die 600 Mann vielleicht schlagen, aber dafür würden sie das Überraschungsmoment brauchen. Er wusste er konnte sich keine schweren Verluste leisten. Er musste den Zugang zu der Halbinsel halten, bis die übrigen Soldaten zu ihnen runtergekommen waren. Das würde aber noch einige Tage, wenn nicht Wochen dauern.

Auch einige Männer waren von der Flüssigkeit getroffen worden. Schreiend rannten sie über Deck, wie um den Flammen davon zu laufen. Ro drehte es beinahe den Magen um vom Gestank verkohlenden Fleischs. Wieder spritzte das Metallrohr auf ihr Deck, die Flammen breiteten sich rasend schnell aus. Die Segel fingen Feuer, die Söldner rannten panisch durcheinander. Ro sah wie einige der Matrosen über Bord sprangen und ein eiskalter Hauch durchdrang sie. Das Schiff war nicht mehr zu retten. Diejenigen, die ins Wasser sprangen würden versuchen, zu den anderen Schiffen zu schwimmen und für die Matrosen standen die Chancen das zu schaffen nicht schlecht. Aber die Söldner in ihren Rüstungen Kettenhemden würden es niemals schaffen, auch nur über Wasser zu bleiben. Sie würden allesamt absaufen.
Diese Erkenntnis traf sie wie ein Schlag, der alles aus ihr fegte, was jemals da gewesen war. Langsam hob sie den Blick und sah, wie der Flammenwerfer gedreht wurde. Zwei weitere Schüsse und da würde kein Fleck Holz mehr sein, der nicht brannte. Sie hatten eine einzige Chance. Ohne auf weitere Befehle des Kommandanten zu achten, brüllte sie aus voller Kehle: "Entern!!"
Einige Männer hatten die Geistesgegenwart, auf ihren Befehl zu hören und ein dutzend Enterhaken flog über die Spanne zwischen den Schiffen. Das Holz auf beiden Seiten knarrte, als sie sich gegen die Reling stemmten, um zu ziehen. Sofort versuchten einige der Gegner die Seile mit Äxten zu durchtrennen und es gelang ihnen auch, aber nun flogen mehr Haken und schliesslich waren die Schiffe nur noch anderthalb Meter auseinander. "Halt!", schrie Ro. "Nicht näher!" Sonst würden sie riskieren, dass auch das andere Schiff Feuer fing. Sie sah die Männer an. "Verdammt, worauf wartet ihr, springt!"
Die ersten gehorchten zögerlich, aber als die anderen sahen, dass sie mühelos über die Lücke hinweg kamen und sich an der gegnerischen Reling festklammern konnten, folgten mehr und mehr. Auch Ro trat mit einem Schritt Anlauf auf die Reling, stiess sich ab und flog durch die Luft. Sie schwang sich über das Geländer und stürzte sich in den Kampf. Es war ein furchtbares Gemetzel. Nach wenigen Schlägen tropfte ihr das Blut von Klinge und Händen. Sie wich einem Schwertstreich von hinten aus, blockte einen von Vorne ab, drehte sich herum, zog den Dolch und stiess ihn dem Gegner durch den Hals. Dann schlug sie die Klinge eines zweiten zur Seite, trat einen Schritt vor, zog den Säbel mit und schlitzte ihm damit die Kehle auf, bevor sie ihm von hinten in die Kniekehlen trat. Sie schnellte herum, duckte sich unter einem Hohen Schlag hinweg, sprang rückwärts über einen Tiefen und landete auf der erhöhten Ladeluke. Sie blockte einen weiteren Schlag ab und bevor sie richtig wusste, was sie da tat, schnellte ihr Fuss hoch und traf den Mann am Kinn, worauf sein Kopf mit einem hässlichen Knacken nach hinten flog. Sie wirbelte mit ausgestrecktem Säbel um die eigene Achse und eine Blutfontäne aus einer offenen Halsschlagader prasselte auf sie nieder. Das Blut war warm, fast heiss. Sie schmeckte das Metall auf den Lippen. Blut. Feuer. Es loderte auf ihrem ehemaligen Schiff. Aber die Flammen in ihren Adern waren heisser. Die Welt zerfiel in Splitter. Alles unwichtige verschwand. Alles wichtige wurde klar und scharf, als wäre jede Linie mit einem Rasiermesser gezogen. Sie tanzte, jede Bewegung tödlich und präzise. Sie kämpfte, so schnell wie nur ein Dämon kämpfen konnte, und selbst unter jenen nicht viele.
Irgendwann holte ein lautes Krachen sie aus ihrer Trance. Einen Augenblick lang kam ihr die Szene so vertraut vor, dass sie beinahe glaubte, wieder auf jener Lichtung im Wald bei Murgird zu stehen. Dann kehrte die Realität zurück und sie sah, dass das Krachen von dem vorderen Mast des brennenden Schiffes stammte, der der Länge nach auf das Deck geknallte war. Das Schiff war wieder ein Stück weggetrieben, sodass die Wände jetzt über zwei Meter auseinander lagen, aber für ihren Geschmack war das immer noch viel zu nah dafür, dass es lichterloh brannte. Nur ein kleines Stück am Heck stand noch nicht in Flammen. Plötzlich sah sie, dass da jemand stand. Es war ein Junge in Matrosenkleidung. Seine Haut war schon gerötet von der Hitze der Flammen. "Verdammt, spring!", brüllte sie ihm über die Köpfe der kämfenden hinweg zu. Er sah sie und schüttelte den Kopf. Sie sah die Panik in seinem Gesicht, steckte den Säbel ein, sagte sich, dass sie im Begriff war etwas Dummes zu tun, rannte über das Deck und tat es doch. Mit einem Satz, den sie sich selbst niemals zugetraut hätte, flog sie über das Wasser hinweg und landete neben dem Jungen. Nur dass da kein Junge mehr war. Es war fort als hätte es ihn niemals gegeben. Perplex stand sie da, dann sah sie ins Wasser hinunter, aber da war wirklich niemand. Hatte sie halluziniert? Sie verstand es einfach nicht. Dann hörte sie ein unheilvolles Knarren, blickte auf und sah den hinteren Mast auf sich zukommen. Ihr blieb keine Zeit mehr zu springen, sie liess sich einfach Fallen, rücklings über die Reling.
Das Wasser war kalt. Sie riss die Augen auf und sah das Schiffsruder von unten, dann ein abgebrochener Teil des Masts, der wie ein Spiess ins Wasser reichte. Sie merkte, dass sie langsam tiefer sank, und begriff, dass sie schwimmen musste, wollte sie nicht ertrinken. Die schweren Stiefel und das Gewicht des Säbels zogen an ihr, hinab in das Bodenlose. Sie bekam Angst. Es war nicht das erste Mal, dass sie in Rüstung schwamm, und mit ihren leichten Lederplatten war es auch nicht unmöglich. Aber anstrengend. Und sie war durch den Fall schon verdammt tief unten. Die Stille des Meeres umgab sie wie ein Tuch, eine Ruhe die danach schrie nie mehr gebrochen zu werden. Mit aller Macht kämpfte sie dagegen an.
Als ihr Kopf schliesslich die Oberfläche durchstiess, japste sie nach Luft. Die Schiffe waren jetzt weiter auseinander getrieben. Sie war etwa drei Meter vom noch intakten entfernt, auf dem noch immer der Kampf tobte. Sie schrie, dass jemand sie rausziehen sollte, aber niemand schien sie zu hören. Schliesslich gab sie es auf, schwamm zum Heck und klammerte sich am Ruder fest.
If you're going through hell, keep going.

Er sah die Reihen der Männer vor sich. Sie marschierten in einer dichten Kolonne. Sie verfolgten die Soldaten schon seit einer Weile und noch hatten sie nichts bemekrt. Caelria hatte ihre Späher erfolgreich ausgeschaltet. Dank ihr würden sie vielleicht den Sieg davontragen, doch es würde schwer werden. Der Gegner hatte 200 Reiter und 400 Fusssoldaten, davon waren 200 Pikeniere. Die anderen 200 waren ein Gemisch von Schwertkämpfern und Bogenschützen.
Armelion wandte sich zu Caelria und sah ihre Zähne weiss in der Dunkelheit aufblitzen als sie lächelte. "Das wird hart werden.", sagte sie mit leiser Stimme. Der Elf nickte und schaute weiterhin unverwandt die Reihen der Truppen an. Caelria schnalzte mit der Zunge und ritt davon. Sie würde den ersten Schlag gegen die feindlichen Truppen führen. Die meisten Reiter bildeten die Vorhut. Hinter ihnen kamen die Bogenschützen und die Schwertkämpfer, die von den Pikenieren flankiert wurden und am Ende kamen noch ein Paar Reiter. Als Armelion sich die Stellung der Soldaten genau eingeprägt hatte wendete er sein Pferd und ritt zu dem kleinen Wäldchen in dem ein grosser Teil seiner Reiter warteten. Die Pferde waren nervös, doch keines wieherte. "Zuviel hängt vom Zufall ab.", dachte er missmutig.
"Im Krieg ist Glück ebenso wichtig wie Mut.", sagte Neyamrin in seinen Gedanken.
Der Elf musste lächeln. "Dann hoffe ich dass das Glück auf unserer Seite ist." Anschliessend wandte er sich an Ormud, der zu ihm geritten war, "Du weisst was du zu tun hast, nachdem Caelria angegriffen hat?"
Der massige Mann nickte und hob seinen Speer. Hundert der Reiter folgten ihm und ritten so leise wie möglich an das südliche Ende des Wäldchens, während Armelion mit den seinen im Norden Stellung bezog. Caelria würde mit 50 berittenen Bogenschützen die Aufmerksamtkeit der Truppen auf sich ziehen. Sie würden ausserdem einen Scheinangriff auf die Flanke des Feindes führen. Er hoffte, dass die Pikeniere sich ihr entgegenstellen würden und dann könnte er zusammen mit Ormud die Männer von hinten Angreifen.
Plötzlich hörte er das Wiehern von Pferden. Durch die Äste des Waldes konnte er den Zug von Soldaten erkennen. Sie marschierten immer noch. Sie mussten hoffen, dass sie es schaffen würden eventuelle feindliche Truppen im Schutze der Dunkelheit zu umgehen. Die Linie von Soldaten marschierte in einem gleichmässigen Tempo voran. Ohne zu zögern gingen sie am Fuss des kleinen Hügels, der sich vor dem Wald erhob entlang, bald wären sie in Position für den Hinterhalt. Er blickte hoch zum Hügel und sah wie ein paar Silouetten sich gegen den dunklen Nachthimmel abhoben. Im nächsten Moment erfüllte das Donnern von Hufen die Luft und Armelion hielt den Atem an. Caelria führte ihre Männer hervorragend. Sie griff wie abgesprochen die feindliche Kavallerie an. Pferde wieherten kreischend als sich Pfeile in ihr Fleisch gruben. Ein heilloses Durcheinander entstand als die Tiere und Männer zu Boden stürzten. Diesen Moment nützte Caelria aus um die Pikeniere anzugreifen. Sie ritten auf wenige Meter an die Männer ran, wobei sie unablässig auf diese feuerten.
"Wartet!", knurrte Armelion als sich ein paar Reiter vordrängen wollten. Die Pikeniere auf ihrer Seite waren den anderen noch nicht zur Hilfe geeilt. Eine Gruppe der feindlichen Reiter hatte sich mittlerweile gesammelt und löste sich von den anderen. Wenn die anderen Pikeniere nicht bald Caelria angriffen würde seine Strategie scheitern. "Kommt schon.", murmelte er und dann kam der Befehl auf den er gewartet hatte. Die Pikeniere stürmten auf die von ihnen abgewandte Seite um die Flanke gegen Caelrias berittene Bogenschützen zu verstärken. Diese zog sich jedoch schnell zurück, als sie sich der feindlichen Pikenmauer entgegengesetzt sah.
Sie schaffte es knapp vor den angreifenden Reitern zu flüchten und in diesem Moment gab Armelion den Befehl zum Angriff. Stumm rückten sie vor, nur das Wiehern der Pferde war zu hören.
Plötzlich hörte er einen der Feinde einen Warnruf ausstossen, doch es war bereits zu spät, sie waren nur noch etwa fünfzig Meter von ihnen entfernt. "Angriff!", schrie er und senkte seinen Speer. Sie würden sich auf die Reiter konzentrieren während Ormud die feindlichen Bogenschützen niedermachen würde. Die gegnerischen Reiter drehten sich um doch zu mehr blieb ihnen nicht die Zeit. Armelion versenkte seinen Speer in der Brust eines Mannes und liess hastig den Griff der Waffe los um nicht aus dem Sattel gerissen zu werden. Er zog in einer fliessender Bewegung sein Schwert und parierte einen Speerstich aus der gleichen Bewegung. Im nächsten Augenblick traf etwas mit solcher Wucht seinen Schild, dass er fast aus dem Sattel geworfen worden wäre. Eine Speerspitze ragte aus dem Holz. Er warf den nunmehr nutzlosen Schild weg. Für einen Augenblick hatte er freie Sicht und schaute sich um. Die Wucht ihres Angriffes hatte die feindliche Reiterei zerschlagen, doch die Infanterie hatte ihrem Angriff standgehalten. Ormud hatte zwar den grössten Teil der gegnerischen Bogenschützen niedermachen können, doch dann war sein Angriff ins Stocken geraten. Ein Teil der Pikeniere hatten ihn angegriffen und zurückgedrängt. Er hatte jedoch den grössten Teil seiner Reiter in Sicherheit bringen können, bevor der Feind einen geordneten Gegenangriff hatte starten können.
Armelion parierte einen Schwertstreich und schlitzte seinem Gegner die Kehle auf. Der Mann fiel aus dem Sattel und verschwand unter den Hufen der Pferde. Es war ein einziges Gemetzel. Nach ein paar Minuten flohen die feindlichen Reiter. Sie wurden jedoch von Caelrias berittenen Bogenschützen verfolgt und die meisten von ihnen wurden niedergeschossen bevor sie entkommen konnten. In der Zwischenzeit hatten die feindlichen Pikeniere einen schützenden Kreis um die verbliebenen Bogenschützen und Schwertkämpfer gemacht. Von den gegnerischen Reitern hatten sich kaum mehr als Zwanzig in den Ring retten können. Der Rest war geflohen.
"Einkreisen! Aber bleibt ausser Schussweite!", befahl Armelion und die Reiter brachten rasch einen grossen Abstand zwischen sich und feindlichen Bogenschützen. Jetzt sass der Feind in der Falle. Ohne Reiter konnten sie keinen Gegenangriff wagen und in dieser Formation konnten sie sich nur langsam vorwärts bewegen. Wenn sie die Formation allerdings auflösten, wären sie einem Angriff durch die Reiter vollkommen ausgeliefert. Jetzt hiess es abwarten und hoffen, dass der Feind keine Verstärkung in der Nähe hatte. Den Rest würde der Durst und der Hunger erledigen.

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