Alesa war bei seinen Worten bleich geworden und nahm den Kelch mit zittriger Hand entgegen. "Habt Dank", meinte sie freundlich, trank aber nicht.
Sobald die Wache weg war, reichte sie dem Magier den Kelch zurück. "Ich weiss", meinte sie dann, "Und ich arbeite am Auftrag. Durien soll mein Vertrauen gewinnen, aber das ist nicht gerade leicht. Hast du sonst etwas zu sagen, wenn nicht, dann würde ich mich gern wieder an die Arbeit machen."

"Ganz wie es euch beliebt.", meinte er lächelnd und wandte sich dann von ihr ab um die Aussicht zu geniessen.

Die Prinzessin zögerte eine Sekunde lang, dann ging sie davon und achtete darauf, nicht zu schnell zu gehen. Sie suchte sich den Weg zur Bibliothek. Sie konnte nicht direkt zu Durien. Wahrscheinlich konnte sie ihn auch nicht einfach so warnen, aber sie wollte sicher gehen, dass es ihm gut ging, dass der Magier ihm nichts getan hatte und dass er ihm auch nichts tat. Sie nahm mindestens an, dass niemand ihn angreifen würde wenn sie bei ihm war. Und falls sie sich irrte, dann würden sie halt beide zusammen sterben. Was keine gute Option war, aber wenn der Magier sie momentan beobachtete und sie eine Weile weiter genauer beobachten würde, dann musste sie ihn auf die falsche Fährte locken und den Anschein erwecken, dass sie weiterhin Informationen für Gevira sammelte.
In der Bibliothek angekommen, zog sie ein Buch heraus und ging dann erst zu Durien, wobei sie sich immer daran erinnern musste, sich Zeit zu nehmen. Sie hoffte, dass er gerade nicht viel zu tun hatte und in seinem Arbeitszimmer war.

Er blickte auf, als er ein Klopfen hörte und setzte noch rasch eine Unterschrift auf eines der Dokumente, die ihm ein Diener soeben vorgelegt hatte. Irgendein kleiner Landadeliger hatte eine Wäscherin vergewaltigt und anschliessend den einschreitenden Ehemann erschlagen. Jetzt bat er um Gnade und das sein Leben verschont werden würde. Durien hatte vor ihm seinen Wunsch zu gewähren und ihn vor dem Richtschwert zu bewahren. Er würde kastriert und verbannt werden. Durien reichte dem Diener das Pergament und dieser packte es vorsichtig in eine Ledermappe, bevor er sich mit einer Verbeugung zurückzog.
Durien bedeutete ihm mit einem Wink die Türe aufzumachen und er war wenig erstaunt, dass es Alesa war, die unter dem Türrahmen stand. Nur wenige suchten ihn unaufgefordert auf. Entweder war es sie oder seine Tochter, die wieder einmal ihrer Amme entwischt war. "Was kann ich für dich tun?", fragte er und las gleichzeitig ein weiteres Dokument durch, in welchem Ekain um weitere Geldmittel für den Aufbau bat.

Sie trat ein und wartete, dass der Diener die Tür schloss, dann trat sie auf ihn zu. "Ich wollte sehen, wie es dir geht und ob du wieder in Arbeit ertrinkst", meinte sie und stellte sich vor seinen Tisch. Das Buch, welches sie dabei hatte legte sie auf ein dort freies Fläckchen und liess den Blick unuffällig über die Papiere wandern.

Er bemerkte ihren Blick und schob die Dokumente ohne alle Hast zusammen, so dass nur noch das von Ekain ersichtlich war. "Es gibt viel zu tun, bevor sich das Land von dem Krieg erholt hat.", erwiderte er und schaute auf das Buch, das sie dabei hatte. "Was liest du da?"

"Ein Buch über", sie liess die Finger über den titellosen Einband trommeln, "Magier und ihre Beobachtungen", antwortete sie leise und sah dabei nur ihn an. Sie hoffte, dass er den Wink verstehen würde.

"Interessant...", murmelte er. "Was aber will eine Nichtmagierin mit Wissen über Magie?", fragte er weiter und hoffte, dass sie ihm weitere Informationen zuspielen könnte, ohne dass der Schwarzmagier ihr etwas nachweisen konnte.

"Ich weiss nicht, ich finde es faszinierend. Vor allem, dass auch Magier nicht vollkommen sind und vieles übersehen. Die einfachen, weltlichen Dinge zum Beispiel", meinte sie. "Bist du bald fertig mit deiner Arbeit?"

"Es dauert noch eine Weile.", erwiderte er, während er versuchte sich einen Reim auf ihre Worte zu machen. Wollte sie ihm etwas spezielles damit sagen, oder machte sie einfach damit klar, dass sie noch immer zu ihm gehörte? "Die Nachtzinne braucht mich im Moment und es gibt viele Dinge, die ich erledigen muss."