Naja streckte sich. Die Explosionen hatten sie geweckt. Aber sie war es nicht gewesen, die sie ausgelöst hatte. Da war irgendetwas riesiges, dunkles draussen gewesen, war aber schon nach kurzer Zeit wieder verschwunden. Sie gähnte und genoss die Kühle der Nacht. Bald würde die Sonne aufgehen und die Trümmer in ein wundervolles Kunstwerk aus Ruinen, Staub, Nebel und goldenem Sonnenschein verwandeln. Sie lächelte und schickte ihre Schlangen aus. Zuerst waren es nur zwei, dann vier, acht, sie teilten sich solange auf, bis es über hundert Stück waren. Schnell verstreuten sie sich in der Stadt. Nichts war geblieben, ausser einem kleinen Mauerstück, welches in der Nähe des Feindslagers war. Naja seufzte, rief die Schlangen zurück und machte sich auf den Weg. Sie war schnell dort, sah sich die angefressenen und verrusten Steine an. Sie würde nicht viel brauchen um umzufallen. Sie verdrehte die Augen und konzentrierte sich, sammelte die Energie in sich auf und legte ihre Hände flach auf den kalten Stein. Ihre Stirn runzelte sich und es geschah nichts. Naja schlug die Augen auf. Sie wollte schon losfluchen, als es plötzlich gelang. Die Energie strömte aus ihren Händen blitzartig in die Mauer und zersprengte sie. Mit einem lauten Knall flogen die Teile auseinander und sie lachte los. Zwar war sie nach so langer Zeit etwas eingerostet, aber es gelang ihr trotzdem. Gut, dachte sie, sollen sie nur spielen kommen. Zufrieden machte sie sich wieder auf denn Weg zur Zitadelle, wobei sie das wunderschöne Trümmerfeld genoss. Sie war ein Teufel, daran bestand kein Zweifel, aber es warf sie nicht in ein Dilemma, oder in Depressionen, nein diese Tatsache machte sie froh und glücklich, sie war zufrieden mit sich selbst und das liess sie so herzhaft schön teuflisch grinsen.

"Nein, ich habe gar nichts gesehen! Ich habe nur die Explosion gehört, nichts mehr. Die ganze Stadt ist ein einziger verfluchter Trümmerhaufen und jetzt ist auch noch ein Drache aufgetaucht!" Armelion liess ein paar elfische Flüche folgen und ergriff dann sein Schwert. "Habt ihr gesehen wie der Drache aussah? Wenn ich ein Bild von ihm sehen könnte, könnte ich ihn vielleicht aufspüren." Er brach ab. Um ein Bild von dem Drachen sehen zu können musste er in die Gedanken der Söldner eindringen und das war etwas, dass man nicht einfach so vorschlug. Aber ihm blieb wohl nichts anderes übrig. Ro war wahrscheinlich bei der Explosion umgekommen, aber er konnte immer noch den Drachen töten. Es konnte kein Zufall sein, dass er jetzt hier auftauchte. Er musste irgendwie mit dem Feind in Verbindung stehen. "Ich denke ihr werdet nicht einwilligen, aber damit ich ein klares Bild von dem Drachen bekomme, müsste ich kurz den Kontakt zu euren Erinnerungen herstellen. Ihr müsstet nur an den Drachen denken und dann wäre alles in weniger als einer Sekunde abgeschlossen."
Bevor er eine Antwort bekam, erschütterte ein lauter Knall die Luft. Der letzte Rest der Mauer flog in die Luft. Armelion biss die Zähne zusammen. Die ganze Stadt war dahin, aber dagegen konnte er nichts machen. Er errichtete vorsichtshalber einen schwachen Schild um sie herum um die Söldner vor Trümmerteilen zu schützen, doch nur ein paar verzeinzelte Steine prallten dagegen und keiner von ihnen hatte genügend Wucht um sie ernsthaft zu verletzen. Er senkte den Schild und fast im gleichen Augenblick entdeckte er die Gestalt, die auf die Zitadelle zuging. Das musste Naja sein. Sie war wahrscheinlich die einzige, die über Kräfte gebot, die stark genug waren um eine solche Zerstörung anzurichten. Er schüttelte den Kopf und richtete seine Gedanken wieder auf die Söldner.
"Was sagt ihr?"

"Ja, ihr könnt gehen. Ich geh in die Stadt und suche nach Ro's Überresten. Sagt Ormud, dass er mir niemanden nachschicken soll." Er zog den Helm von seinem Gürtel und stülpte ihn sich über den Kopf. Nur zwei Schlitze für die Augen bildeten die einzige Öffnung in der ganzen Rüstung. Armelion stapfte an den beiden Söldnern vorbei in Richtung der Überreste der Stadtmauer.
"Beruhige dich!", dachte er. "Es nützt niemandem was, wenn du hier stirbst!" Armelion runzelte kurz die Stirn und verschwand. Einen Herzschlag später tauchte er etwa 200 Meter hinter der Gestalt auf. Die Runen auf seinem Arm brannten leicht als er sie aktivierte. Er kauerte sich auf den Boden nieder und legte eine Hand auf die Trümmer. Der Suchimpuls half ihm nicht besonders viel. Er fand viele Tote, aber keiner von ihnen war Ro. Allerdings war er sich bei einigen nicht sicher. Ihre Körper waren zu verbrannt um ein klares Bild zu bekommen. Diese suchte er auf und untersuchte sie. Doch er fand nichts, was einen Hinweis darauf gab, dass es Ro war. Da war kein Säbel oder sonst was. Vielleicht hatten sich die Söldner ja geirrt und es war kein Drache gewesen. Er wandte sich zur Zitadelle. Die andere Gestalt sah er nicht mehr. Vielleicht hatte sie sich zwischen den Trümmern versteckt oder war wieder in den Turm verschwunden. Es war ihm egal. Er würde keine Soldaten mehr opfern um eine zerstörte Stadt zu erobern. Er würde alleine in den Turm gehen.
"Das was du jetzt tust ist dumm und unverantwortlich.", meldete sich Neyamrin leise. "Falls du in Schwierigkeiten gerätst werde ich dir nicht helfen Elf."
Armelion ignorierte ihn und schloss die rechte um eines der Schwertgriffe.

Naja sass auf den Trümmern und beobachtete den Elfen. Plante er etwa ganz allein in die Zitadelle zu gehen? Ein leichter Hauch von Enttäuschung erfasste sie und sie baumelte zwischen ihn angreifen und einfach etwas zurufen. Genervt biss sie an ihrer Unterlippe herum. "Hey Elf!", rief sie schliesslich und sprang etwas näher heran. "Was suchst du hier? Bist du irgendwie lebensmüde?" Sie sah ihn schräg an. Ran hatte ihr von Neyamrin erzählt, aber sie spürte seine Präsenz nicht. Hielt sich der Drache versteckt? "Ist mein geliebter Cousin bei dir? Du weisst schon... das entzückende Silberwesen, dass du ermordet hast...", sie setzte sich hin und musterte ihn. Sein Teleportationszauber würde ihm nicht viel helfen. Sie war darauf gefasst, nicht so wie ihre unfähige Schwester.

Armelion zog das Schwert reflexartig hald aus der Scheide, steckte es jedoch weg als er Naja erkannte. "Neyamrin ist bei mir.", erwiderte er ohne auf ihre anderen Fragen einzugehen. Seine Stimme klang dumpf unter dem Helm hervor. Er musterte sie aufmerksam und suchte irgendwelche Zeichen ob sie ihn vielleicht angreifen würde. "Aber was suchst du noch hier? Hast du nicht alles erreicht was du wolltest? Die Stadt ist zerstört und die Stadtbevölkerung ist verschwunden.", fragte er schliesslich.

"Wieso soll ich das erreichen wollen? Was kümmern mich kleine Menschen und ihre Städte und Kriege? Ich bin nur hier um etwas Spass zu haben. Wozu ich leider noch keine Gelegenheit hatte... Was sucht ein Elf wie du auf diesem Trümmerfeld zwischen all den Leichen? Vielleicht die Fürstenfamilie der Vaesna? Wenn, dann muss ich dich enttäuschen. Sie sitzen schön gemütlich in der Zitadelle und lachen über eure Unfähigkeit. Sag Neya einen Gruss von mir, falls er sich überhaupt noch erinnert", sie sah gen Osten. Ihre Schwester hatte wohl einiges mehr an Spass, als sie.

Plötzlich hörte Armelion schwere Schritte hinter sich und drehte sich um. Hatten die Soldaten seinen Befehlen etwa nicht gehorcht? Eine Truppe von etwa 50 Mann marschierte auf sie zu. Sie trugen das Wappen der Nachtzinne, doch unter dem konnte der Elf eine andere Farbe erkennen. Er kniff die Augen zusammen. Das war das Wappen von Gevira. Das mussten die Söldner sein, die Durien angeheuert hatte. Aber was hatten sie hier zu suchen?
Er trat auf den Anführer zu, der einen gewaltigen schwarzen Schnurrbart hatte. "Was wollt ihr hier? Ihr habt hier nichts zu suchen!", knurrte er.
"Wir wollen unseren Anteil an der Beute.", erwiderte der Mann mit dem Schnurrbart.
"Dann könnt ihr von mir aus in der Stadt suchen, doch hier gibt es nichts zu holen. Geht wieder!"
"Ihr habt uns nichts zu sagen!" Der Söldner zog sein Schwert und trat vor. "Wir haben unseren Vertrag mit Durien aufgelöst und nun bin ich hier um mir den Schatz des Grafen zu holen."
Armelion biss die Zähne zusammen und war froh, dass der Helm sein Gesicht verdeckte, doch dann entspannte er sich plötzlich. Sollten die Söldner doch gehen. Sie hatten ihren Vertrag gebrochen und verdienten daher den Tod. Sie waren nichts besseres als gewöhnliche Diebe. Er trat zur Seite und machte eine einladende Geste in Richtung der Zitadelle, "Dann geht. Sucht nach den Schätzen...... und was immer ihr auch findet, es wird euch gehören.", fügte er leise hinzu, als die Söldner an ihm vorbeimarschierten. Ohne ein weiteres Wort verschwanden sie im Tor.
Armelion drehte sich wieder Naja zu. "Ich suchte einen meiner Hauptleute. Aber ich konnte ihn leider nicht finden. Wahrscheinlich ist er bei einer der Explosionen in Stücke gerissen worden.", schloss er. Die Fürstenfamilie kümmerte ihn nicht weiter, doch das sagte er ihr nicht. Sie hatten ihnen das ganze Land entrissen und ihre Stadt lag in Schutt und Asche unter seinen Füssen. Sie konnten nicht mehr viel haben. Vielleicht hatten sie noch ihre Reichtümer und die Bewohner der Stadt, aber nicht mehr. Er schaute zur Zitadelle hoch. Der Elf war sich sicher, dass er schon bald die ersten Schreie hören würde.

Naja lächelte nur. "Welchen Hauptmann, denn? Vielleicht hab ich ihn ja gesehen", meinte sie und sah den Söldnern nach. Sie würden ihr den Spass verderben. Und als hätte sie es gewusst hörte sie nur Momente später die Todesschreie der Männer. Danwey leistete wie immer gute Arbeit. Sie bereute es nach draussen gekommen zu sein. "Elfen sind so herzlos", stellte sie gespielt traurig fest. "Ich schätze, das war's dann. Die Schlacht habt ihr übrigens nicht gewonnen, genauso wenig wie den Krieg. Ich geb dir 'nen Rat, kleiner Elf: Du solltest mehr auf den Inhalt achten, als auf die Festungen." Sie erhob sich und liess ihren Blick über die zerstörte Stadt schweifen. "Wie geht es denn der Berserkerbraut Ro eigentlich? Ist sie noch auf den Beinen? Währe ein Wunder wenn nicht, neben diesem Teufelsding, das sie ständig mit sich herumträgt..."