Durien packte den Mann bei den Schultern und half ihm sich aufzurichten. "Kommt wir müssen von hier verschwinden. Es werden sicher bald noch mehr von ihnen auftauchen." Er hörte schon das Trappeln ungezählten Füssen. "Los!" Er zog Durien in eines der Häuser rein und die Soldaten stürmten in die Gasse. Durien zog seinen Parierdolch und hob ihn, bereit ihn dem ersten Gegner ins Auge zu rammen, der es wagen würde, durch die Türe zu kommen. "Seht zu ob ihr eine andere Türe findet. Wir müssen hier raus, bevor sie anfangen, die Häuser zu durchsuchen."

Reven stiess die Türen im Flur nacheinander auf. Hinter der ersten fand er die Leiche eines Mannes. Hinter der zweiten diejenigen seiner Familie. Offenbar waren die Soldaten schon einmal hier drin gewesen. Die dritte Tür ging in einen schmalen Hinterhof. "Hier", rief er Durien leise zu. Sie liefen durch den Hof, sprangen über eine niedrige Mauer und betraten das Haus auf der anderen Seite durch die Hintertüre. Hier lagen zwei Tote Jungen im Gang. Reven schluckte und stieg über sie hinweg. Es roch stark nach Rauch und er hörte das Knacken von Feuer in den oberen Stockwerken. Er brauchte ein verdammtes Dach, das noch nicht brannte.
Nachdem er überprüft hatte, dass die Gasse leer war, verliessen sie das Haus durch die Vordertür und liefen weiter in Richtung der Stadtmauer. Schliesslich erreichten sie die letzte Häuserzeile. Aus einem überdachten Hauseingang musterte Reven die Mauer. Da oben waren Soldaten. Nicht viele, aber zu viele um zu zweit unbemerkt darüber zu gelangen. Nun, eine andere Möglichkeit blieb ihnen nicht.
Reven fand ein Dach an der Mauer, das noch nicht brannte, oder nur ein wenig schwelte. Hustend kämpften sie sich die Treppe im inneren des Hauses hinauf. Im Dachboden war der Rauch so dicht, dass sie kaum etwas sahen. Reven drückte sich den Ärmel vor das Gesicht und stiess die Dachluke auf. Mit Duriens Hilfe kletterte er hinaus und zog Durien dann nach. Er fixierte den Wehrgang auf der Mauer mit seinem Blick. "Legt eure Arme um meine Schultern und haltet Euch fest", sagte er. "Wirklich fest."
Durien folgte der Anweisung, Reven holte tief Luft und katapultierte sich und den Grafen in die Luft. Sie landeten unsanft auf der Mauer. Durien rappelte sich sofort auf, während Reven noch nach Luft japsend am Boden lag. Von beiden Seiten näherten sich Soldaten.
If you're going through hell, keep going.

Durien fluchte. In solchen Situationen wünschte er sich Magie wirken zu können. Er schleuderte seinen Parierdolch und traf einen Soldaten in die Brust. Der Treffer bremste den Gegner nicht einmal ab. Er stürmte vorwärts und hob das Schwert. Der Graf sprang nach vorne und die Spitze seines Schwertes bohrte sich durch den Unterarm des Untoten. Mit einer Drehung schlug Durien die Parierstange gegen den Kopf des Mannes und stiess ihn von der Mauer. Er liess sich keine Zeit sich über den Sieg zu freuen, sondern fuhr herum und blockte einen von oben kommenden Schlag. Er löste seine Waffe von der Gegnerischen Klinge, wechselte die Spitze seines Schwertes auf die andere Klingenseite des Gegners und vollführte eine rasche Bewegung. Der Knochen im Arm des Mannes brach mit einem lauten Knacken und das Lange Messer des Soldaten wechselte den Besitzer. Durien sprang zurück und spaltete seinem Gegner in der Rückwärtsbewegung den Schädel.
Nun hielt er in jeder Hand eine Waffe. Er sprang auf die anderen Soldaten los, die sich von der anderen Seite näherten und verwickelte sie in einen raschen Schwertkampf. Einer der Offiziere schaffte es fast Durien auf mit denselben Trick zu entwaffnen, mit welchem der Graf vorhin das Lange Messer erbeutet hatte, doch Durien reagierte schnell und geistesgegenwärtig und rammte dem Offizier das Lange Messer durch das Kinn ins Gehirn. Mit zwei raschen Streichen fällte er zwei weitere Gegner und beförderte mit einem Tritt ein freigewordenes Schwert in Reven's Richtung. "Hinter mir kommen sieben. Halte sie auf, bis ich diese hier erledigt habe!", keuchte er. Er begrub sein Schwert in der Brust eines weiteren Soldaten und stiess den leblosen Körper in den Weg zweier anderer, die gefährlich nah an der Kante der Mauer gegen ihn kämpften. Einer versuchte dem Toten Körper auszuweichen und rutschte mit einem Fuss auf den blutbespritzen Steinen aus. Mit einem schrillen Schrei verschwand er und krachte auf das Dach eines der brennenden Häuser. Der andere war geistesgegenwärtig genug um sich dem Toten mit erhobenem Schild entgegen zuwerfen, doch als er den Schrei seines Kameraden hörte, warf er einen kurzen Blick nach unten. Mehr brauchte der Graf von Tyre nicht. Er warf sich gegen den Schild seines Gegners und stiess ihn ebenfalls von der Mauer. Der Mann schlug ebenfalls auf das Dach auf und begann wie am Spiess zu schreien, als die Flammen ihn einhüllten. Er hatte das Pech gehabt den Sturz zu überleben.
Durien fuhr herum und blockte einen Schwerthieb mit dem Langen Messer ab und drängte einen zweiten Gegner mit dem Schwert zurück. Er brauchte Hilfe. Lange würde er so nicht mehr weitermachen können.

Reven rappelte sich auf und griff nach dem Schwert, aber er brachte kaum die Kraft auf, es zu heben, sondern stützte sich eher darauf ab. Bei allen Göttern, er hatte nie mit einem Schwert gekämpft. Besser sie sahen zu, dass sie hier verschwanden, bevor er sich überhaupt nicht mehr auf den Beinen halten konnten. Er schwang das Schwert mit so viel Wucht wie möglich und warf es in Kniehöhe gegen die beiden Soldaten, die auf ihn zustürzten. Knochen knackten und sie knallten der Länge nach hin. Reven zog seinen Dolch und warf ihn gegen den dritten und zu seiner eigenen Überraschung traf er gut genug, dass der Mann aus den Latschen kippte.
Er drehte sich um. "Durien! Wir müssen springen!"
Ächzend hievte er sich auf die Mauer, und zog den Grafen zu sich hinauf. Einen Augenblick lang standen sie dort. Reven war klar, dass sie ein viel zu gutes Ziel für jeden Schützen abgaben, aber er musste sich konzentrieren. Durien wehrte einen weiteren Angriff ab und schickte den Mann ins Jenseits, falls es das in einer Welt, in der sich Tote plötzlich wieder bewegten, überhaupt noch gab. "Jetzt!", rief Reven.
Durien schlang wieder die Arme um seine Schulter, wobei sichseine Hände mit den beiden Klingen kreuzten. Reven liess sich nach vorne kippen. Er liess die Luft unter ihnen still stehen, oder zumindest versuchte er es. Die Antrengung verzerrte sein Gesicht, doch alles, was er schaffte, war sie zu verlangsamen. Sie sanken wie durch Wasser. Nur ein gutes Stück schneller. Reven biss die Zähne aufeinander und kniff die Augen zusammen, aber er konnte nicht verhindern, dass sie schneller als ihm lieb hinuntertrudelten. Dann traf der Pfeil. Schmerz bohrte sich in seine linke Seite und sie fielen die letzten zwei Meter in den Dreck.
Durien rollte seitwärts über den Boden und stand wieder auf. Reven versuchte auf die Knie zu kommen, aber der Schmerz liess ihn einknicken. "Lauft!", sagte er keuchend zu Durien. "Ihr müsst aus der Schussdistanz! Geht zum Wald und versteckt Euch!"
If you're going through hell, keep going.

Durien kümmerte sich nicht um was Reven sagte, sondern steckte seine Schwerter weg, packte den Mann und warf ihn sich quer über die Schultern. Dann rannte er los. Er wusste die Art und Weise wie er den Magier trug war nicht besonders klug. Die Pfeile würden als erstes Reven treffen. Ein Pfeil sirrte knapp über ihren Köpfen an ihnen vorbei und bohrte sich in den Boden. Der Graf biss die Zähne zusammen und rannte noch schneller. Fünf weitere Pfeile schlugen dicht neben ihm in den Boden ein. Plötzlich erklang von der Mauer her ein Schmerzensschrei, doch Durien kümmerte sich nicht weiter darum. Er rannte weiter auf den Wald zu. Plötzlich hörte er das Trappeln von rasch näherkommenden Pferdehufen. Er fluchte und versuchte noch schneller zu rennen, doch mit Reven auf dem Rücken schaffte er es einfach nicht. Doch er hatte den Mann nicht zurücklassen können. Er hatte ihm das Leben gerettet und ihn aus der Stadt gebracht. Die Pferde kamen rasch näher und wieder erklang ein Schmerzensschrei von der Mauern.
"Schnell!", rief eine Frauenstimme. "Gebt mir den Verwundeten und springt auf. Ich habe kaum noch Pfeile." Durien blickte hoch und schaute in Caelria's Gesicht. Die Jägerin hatte eine üble Schramme an der Schulter, schien ansonsten aber unverletzt zu sein. Sie packte Reven am Kragen seiner Kleidung und legte in Bäuchlings vor sich über den Pferderücken. Die Zügel des zweiten Pferdes reichte sie Durien. Der Graf schwang sich in den Sattel und gemeinsam preschten sie davon und verschwanden zwischen im Schatten der Bäume.

Reven versuchte bei Bewusstsein zu bleiben, aber alles verschwamm. Der Schaft des Pfeiles, der ihn getroffen hatte, war abgebrochen, aber ein Teil steckte noch immer in seiner Seite. Er versuchte den Kopf zu heben, aber bei dem auf und ab des Pferdes war er viel zu schwach. Er sah nur den Boden, verschwommenes grün und braun. Waren sie schon im Wald? Vermutlich ja.
Ächzend schaffte er es irgendwie, seine Handflächen aneinanderzulegen. "Ich rufe um Hilfe", wisperte er und ein leichtes Brennen breitete sich auf seiner linken Hand aus, als der Ruf sich entfaltete. Er hatte bis jetzt nicht gewagt es zu tun, aus Angst, dass tatsächlich jemand kommen würde und in dieser Stadt draufging. Aber jetzt waren sie im Wald. Und sie konnten Hilfe gebrauchen, denn vermutlich mussten sie ein gutes Stück in den Norden, bis sie sicher waren vor den feindlichen Soldaten.
Das Pferd setzte über irgendein Hindernis hinweg, seine Hände rutschten auseinander und er verlor das Bewusstsein.
Sie fuhr auf von der Wurzel, auf der sie gesessen hatte. Ihre Handfläche brannte und sie hörte noch den Widerhall des Rufes in ihrem Kopf. "Reven!", sagte sie und drehte sich zu Mavya um. Die Alte Frau nickte.
Sie lief zu ihrem Pferd, das in der Nähe graste und sattelte es, so schnell sie konnte. Als sie aufsitzen wollte, hielt die Wächterin sie fest. "Nicht du. Du bist zu weit entfernt. Es ist mehr als ein Tagesritt von hier bis Ekain."
"Aber dort ist sonst niemand", sagte sie, während sie sich aufs Pferd schwang. "Ich hätte dort sein sollen." Sie sah die alte Frau an. "Reven würde nicht rufen, wenn es nicht schlimm wäre. Durien ist in Ekain! Das Heer ist in Ekain! Es kann alles davon abhängen!"
Die Wächterin blickte mit ihren Weissen Augen ruhig zu ihr. "Wenn Reven jetzt ruft und er es nicht alleine schafft, wird es in einem Tag zu spät sein."
"Ich muss trotzdem gehen!", rief die Marketenderin und der Schnee stob auf, als sie davonritt.
Die Wächterin blickte ihr nach, dann drehte sie sich um und ging zurück in ihre Hütte. "Mädchen, Mädchen", murmelte sie. "Du solltest mit deinem Leben nicht so leichtfertig umgehen."
If you're going through hell, keep going.

Caelria liess sich vom Rücken des Pferdes gleiten und half dem bewusstlosen Mann vom Rücken. Sie waren mehrere Stunden geritten und tief in den Wald gelangt. Doch sie konnten nicht mehr weiter. Der Mann blutete und irgendwie hatte dieser Tölpel es geschafft, den Pfeil abzubrechen. Der Pfeil musste schnellstmöglich raus und dann mussten sie die Blutung stillen. Wenn sie das nicht schnell taten, würde er wahrscheinlich sterben. Durien sprang ebenfalls vom Pferd und rannte zur ihr rüber um ihr zu helfen. "Lebt er noch?"
Die Elfe nickte und holte ein paar getrocknete Blätter aus einem Beutel hervor. "Wir müssen den Pfeil rausholen, bevor sich das ganze entzündet und er am Wundbrand zugrunde geht. Etwas weiter vorne fliesst ein kleiner Bach, geht und füllt diesen Kochbeutel mit Wasser.", sagte sie barsch. Sie schaute sich um und zog den Mann rüber zu einer grossen Eiche. Sie musste ihn irgendwie aufwärmen. Die Kälte konnte für ihn ebenso gefährlich werden, wie der Blutverlust. Durien kehrte schon bald mit einem gefüllten Beutel zurück und hängte ihn an einem tief hängenden Ast auf.
"Was jetzt? Sollen wir den Pfeil versuchen raus zuziehen?", fragte er. In einer Hand hielt er das Lange Messer und schaute die Elfe aufmerksam an. Caelria betrachtete den Grafen kurz. Er schien nicht verwundet zu sein, doch er zitterte vor Anspannung und Erschöpfung.
"Ich weiss nicht was für eine Pfeilspitze aufgesetzt ist. Wenn es eine Bodkin-Spitze ist, könnten wir ihn rausziehen, aber wenn es eine dieser verfluchten losen Dreikantspitzen ist, wird sie einfach abrechen und in ihm drin bleiben und dann müssen wir ihn aufschneiden und sie suchen. Das Beste wäre, wir verbreitern die Wunde entlang des Schaftes und versuchen so die Spitze zu finden. Ausserdem würde es so oder so schwierig werden den Pfeil rauszuziehen. Der Schaft ist gebrochen und nur noch wenige Zentimeter schauen raus.", erwiderte Caelria. "Und durchdrücken können wir den Pfeil auch nicht. Dann stirbt er ganz sicher."
"Könnt ihr ihn nicht heilen?", hakte Durien nach. "Ihr seid doch eine Elfe. Elfen haben oft starke magische Kräfte."
Besagte Elfe schüttelte ihren Kopf. "Ich kenne mich mit Naturzaubern aus, doch so etwas übersteigt meine Fähigkeiten bei weitem. Aber ich kann ihm mit meinem Wissen über Kräuter helfen. Zerbröselt diese Blätter und tut sie ins Wasser. Wir werden einen Tee daraus kochen und ihn ihm einflössen. Grabt danach eine kleine Grube für ein Feuer."
Durien nickte und machte sich an die Arbeit. Währenddessen legte Caelria beide Hände auf den Boden und runzelte konzentriert die Stirn. Die Wurzeln der Eiche begannen die Erde wegzuschieben und schon bald hatte sich unter dem Baum eine kleine Höhle gebildet, gross genug um drei Personen aufzunehmen. Die Elfe wies Durien an unter dem Baum die Grube auszuheben und sie machte sich währenddessen auf die Suche nach Feuerholz. Wenige Minuten später sass sie bei einem kleinen Feuer unter dem Baum, während Durien ihr versteck mit Zweigen tarnte. Als er fertig war, stieg er ebenfalls zu ihr in die Höhle.
"Was waren das für Blätter?", fragte er als Caelria einen heissen Stein aus dem Feuer holte und ihn in den Keuchbeutel fallen liess. Das Wasser zischte und brodelte und ein angenehmer Geruch entstieg dem Wasser.
"Giftlattich.", erwiderte die Elfe einsilbig. Durien stockte für einen Moment der Atem.
"Giftlattich?", wiederholte er, "Seid ihr noch bei Trost, Weib? Möchtet ihr ihn endgültig umbringen?"
"Haltet die Klappe!", fuhr Caelria den Grafen barsch an und dieser war für einen Moment so erstaunt, dass er tatsächlich verstummte. "Er muss es trinken, bevor ich versuche den Pfeil rauszuschneiden. Falls er während der Operation aufwacht oder sich heftig bewegt, könnte ich eine Arterie oder ein Organ verletzen. Der Giftlattich wird ihn betäuben und ihm die Schmerzen nehmen. Und wenn er aufwacht, wird er grässliche Kopfschmerzen haben, aber mehr nicht."
Durien schaute die Elfe mit einem fast verzweifelten Blick an. Dieser Mann hatte ihm das Leben gerettet und nun drohte er ihm einfach wegzusterben. Und Es gab nichts was er dagegen tun konnte ausser der Jägerin zu vertrauen. Dieser schöpfte mit einem kleinen Holzbecher ein wenig der Flüssigkeit aus dem Beutel und flösste sie Reven ein. Der Schluckreflex funktionierte noch, also konnte die Ohnmacht nicht besonders tief sein. "Holt neues Wasser und lasst euer Langes Messer hier. Wir werden es brauchen um die Wunde auszubrennen." Der Graf reichte der Elfe wortlos die Klinge und sie legte sie ins Feuer, nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass die Klinge genug gesäubert war. Danach nahm Durien den Kochbeutel und holte neues Wasser. Caelria zückte ein dünnes Messer, welches sie normalerweise dazu benutzte um Tiere zu häuten. Dieses Mal musste es als Skalpell herhalten. Sie holte einmal tief Luft und setzte dann den ersten Schnitt. Sie arbeitete rasch und zielstrebig und hatte die Wunde schon bald genug erweitert um die Pfeilspitze zu erstasten. Mit spitzen Finger griff sie in ihn hinein, packte den Pfeil und riss ihn raus. Es war eine der Dreikantspitzen gewesen. Sie warf den Pfeil weg und packte dann das glühende Lange Messer am Griff und drückte es gegen die Wunde. Es zischte und der durchdringende Gestank von verbranntem Fleisch erfüllte die kleine Höhle. Sie nahm die immer noch heisse Klinge von der Wunde und rammte sie neben sich in den Boden. "Königskerze, Augentrost und Bärentraube.", murmelte sie leise und holte die entsprechenden Kräuter aus einem kleinen Lederbeutel. Sie steckte sie sich in den Mund und zerkaute sie gründlich, bevor sie sie wieder ausspuckte und auf die Wunde drückte. Anschliessend legte sie ihm einen straffen Verband an. Die Kräuter würden das Entzündungsrisiko senken und die Heilung fördern. Wenn sie Glück hatten würde er überleben. Aber jetzt konnten sie nur abwarten und hoffen.
Durien setzte sich neben sie und begann wortlos sein Schwert und das Lange Messer zu säubern und anschliessend zu schärfen. Er wollte auf keinen Fall unvorbereitet sein, falls jemand sie aufstöbern würde.

Arsa
Sie sammelten sich am Abend in einem kleinen Wäldchen in der Nähe eines grossen Flusses, banden die Pferde fest und zündeten Feuer an. Bis zum Einbruch der Nacht stiessen noch einige weitere Gruppen zu ihnen, die ebenfalls an den Fluss gelangt waren und daran entlanggeritten, um Kameraden zu finden. Sie waren nun über hundert. Ihre Lage war scheisse. Sie hatten weder Zelte noch etwas zu Essen, denn an die Packpferde hatte bei der Flucht wirklich niemand gedacht.
Schliesslich versammelten sie sich. Einer ergriff das Wort: "Wir sind am Arsch der Welt an irgendeinem Fluss. Was machen wir jetzt?"
"Wir sollten zu den anderen zurückkehren", meinte ein anderer.
"Bist du verrückt?!", rief einer. "Da geh ich niemals hin zurück!"
"Aber unser Hauptmann Danva ist dort", wandte der andere ein.
"Der ist doch längst tot!"
"Ich weiss nicht. Der Elf war da. Vielleicht hat er sie gerettet. Du hast doch gehört, was er kann."
"Und wenn schon", meinte einer. "Danva war nicht wirklich unser Hauptmann. Er ist ein Speichellecker. Wir haben ihn nicht gewählt."
"Ah, und wen dann?"
"Wir haben Ro Raven gewählt", sagte der erste. "Und sie hat Arsa als ihren Stellvertreter eingesetzt, also ist er unser Hauptmann."
"Aber er hat...!"
Das ganze drohte in eine Schlägerei auszuarten. Arsa stand auf und brüllte einmal "Ruhe!", über den Platz. Sofort verstummten die Männer. "Hört mir zu!", sagte er. "So wie ich diese Soldatenleute kenne, sind wir in ihren Augen desertiert. Wir haben nicht sehr viel Möglichkeiten, was wir jetzt tun können. Wir können uns wieder einer der Kriegsparteien anschliessen. Oder wir können sehen, wie wir selber über die Runden kommen!"
"Vielleicht wäre es besser, sich den anderen anzuschliessen", meinte einer nachdenklich. "Wenn ihr mich fragt, sind die im Vorteil."
"Willst du wirklich an der Seite von Toten kämpfen?", sagte ein anderer schaudernd. "Also ich nicht. Das ist verdammt unnatürlich."
"Nee, wenn du es so sagst nicht wirklich", gab der erste zu.
Arsa brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. "Jeder soll selber entscheiden, was er will, zurück nach Ekain reiten, oder hier bleiben. Ich bleibe hier!"
Einige Zeit diskutierten die Söldner noch, dann trennten sie sich in zwei Gruppen. Der grössere Teil davon blieb bei Arsa, aber etwa zwei dutzend beschlossen, nach Ekain zurück zu kehren und sich Durien wieder anzuschliessen. Sie wollten am morgen aufbrechen. Arsa bestimmte die Wachen für die Nacht, dann legten sie sich schlafen, gegen die Kälte dicht um die Feuer gedrängt.
If you're going through hell, keep going.

Caelria rupfte die beiden Vögel, die sie geschossen hatte mit geübten Bewegungen. Sie würden ein gutes Mahl abgeben, sobald sie erst einmal gebraten waren. Durien wachte mit gezogenen Schwertern vor der kleinen Höhle. Er hatte seine Rüstung im Bach gesäubert und der Stahl glänzte wie poliertes Silber. Er wollte nicht von Reven's Seite weichen. Er war es dem Mann schuldig. Der Graf von Tyre hatte in letzter Zeit viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Er hatte keine Armee mehr. Der Feind war ihm zahlenmässig weit überlegen und er musste neue Soldaten anheuern. Von Tyre konnte er vielleicht noch zwei- bis dreihundert abziehen aber nicht mehr. Er durfte die Insel nicht entblössen.
Er raufte sich die Haare. Die Situation erschien ihm hoffnungslos. Wie sollte er gegen Untote vorgehen? Wie sollte er sie töten? Er schloss die Augen und fuhr mit dem Schleifstein über die Schneide seiner Klingen. Mit einem unwilligen Knurren schob er den Schleifstein in einen Beutel an seinem Gürtel. Es nützte nichts mehr. Die Waffen waren scharf. Er musste sich etwas überlegen wie er den Schwarzmagier umlegen konnte. Armelion war vielleicht tot und er konnte sich nicht mehr seiner Hilfe sicher sein. Wie also konnte er die Untoten ohne grosse Verluste töten?

Die Marketenderin
Sie ritt schneller als für sie und das Pferd wirklich gesund war. Bei Tagesanbruch erreichte sie den Waldrand und blickte aus dem Schatten der Bäume über die Ebene nach Ekain. Selbst von hier aus konnte sie sehen, dass die Stadt gebrannt hatte, und von den Fahnenstangen wehten nicht mehr die Banner von Durien und der Nachtzinne, sondern das von Dara. was hatte das zu bedeuten? Sie konnte sich nicht wirklich einen Raum darauf machen. Auf jeden Fall schien es ihr besser, nicht in die Nähe der Stadt zu gehen, wenn es nicht nötig war, um Reven zu finden.
Sie spürte dem Ruf nach, den er ausgesandt hatte. Nach dieser langen Zeit, war es schwer, aber auf jeden Fall war er aus dem Wald gekommen und nicht von der Stadt her. Nach einigem Suchen fand sie die ungefähre Stelle, ein gutes Stück vom Waldrand entfernt. Sie stieg vom Pferd und suchte den Boden ab, bis sie einige Hufabdrücke fand. Aufs Geratewohl folgte sie ihnen, wobei sie das Pferd am Zügel hinter sich her führte.
Irgendwann am Nachmittag schliesslich hörte sie leise Stimmen irgendwo vor sich. Sie band das Pferd fest und flüsterte ihm leise zu, ruhig zu sein, woran es sich vorläufig auch hielt, dann schlich sie leise vorwärts. Nach einem dutzend Schritten sah sie durch das Gebüsch einen Mann am Boden sitzen, mit dem Rücken zu ihr. Erst auf den dritten Blick erkannte sie, dass es Durien war. Was war geschehen, dass er hier draussen im Wald sass?
Sie wusste nicht recht, ob und wie sie auf sich aufmerksam machen sollte, aber schliesslich nahm ihr das Pferd hinter ihr die Entscheidung ab, indem es laut schnaubte.
If you're going through hell, keep going.

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