"Nun. Bevor ich mir euer Friedensangebot weiter durch den Kopf gehen lasse, muss ich erfahren was euer Vater als Gegenleistung will. Zudem interessieren mich auch die Bedingungen des Waffenstillstandes. Mein Angebot wäre, dass die alte Grenze, das heisst der Sed'n, wieder als Trennungslinie zwischen unseren beiden Reichen gilt. Der Tiefland-Wald wird weiterhin den Elfen gehören. Keinerlei Tributzahlungen sollen entrichtet werden, weder von unserer, noch von den Tiefland-Elfen oder von eurer Seite. Ist dieses Angebot für den Waffenstillstand für euch akzeptabel?", fragte Avis mit ruhiger Stimme. Armelion lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. Deutlicher hätte Avis es nicht ausdrücken können, dass falls Gevira Frieden mit der Nachtzinne wünschte, müsste sie auch Frieden mit den Tiefland-Elfen schliessen.

Sindras lächelte. "Solange die Tieflandelfen, zustimmen in ihren Wäldern zu bleiben, wird es kein Problem sein. Der Sed'n als Trennungslinie ist akzeptabel. Was die Tributzahlungen angeht, glauben wir nicht, dass irgendeine Seite dafür in der Lage wäre. Ausserdem wäre das kein angenehmer Frieden, wenn man sich zu so etwas verpflichten würde.", er machte eine kleine Pause. "Die Bedingung wäre es das Königshaus der Nachtzinne und Geviras an einem Ort zu haben, von dem aus sie ihre jeweiligen Gebiete regieren."
Samor hörte aufmerksam zu. Sein Bruder schien etwas im Schilde zu führen, aber er wusste nicht was. Wahrscheinlich wollte er sich nur mit der Nachtzinne gut stellen, damit er die Alleinherrschaft über Gevira erlangen konnte. Was hatte sich sein Vater eigentlich dabei gedacht, Sindras als seinen Vertreter einzusetzen? Natürlich war er wütend gewesen, als er aufgebrochen war, die Nachtzinne zu unterstützen, doch das war kein Grund Sindras ihm vorzuziehen.
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"Wo sollte dann dieser Ort sein und warum besteht ihr auf diesen Punkt Prinz Sindras? Ich werde ihm kaum zustimmen können, wenn ihr mir nicht eure Gründe dafür vorlegt.", erwiderte Avis. Ihre Stimme klang schärfer als beabsichtigt. Was hatte dieser Sindras vor? Wollten sie nun auch Biarn töten? Sie schluckte. Ihr Instinkt sagte ihr sie sollte dieses Angebot ablehnen. Sie traute dem Mann nicht. Sie traute keinem von Gevira. Sie konnte es einfach nicht. Nicht nachdem was sie Alvias angetan hatten. Sie schluckte einmal leer und warf einen raschen Blick zu Armelion rüber. Der Elf warf ihr einen aufmunternden Blick zu, doch auch sie konnte die Sorge in seinen Augen sehen.

"Eigentlich nicht viel", antwortete Sindras und machte eine abwertende Handbewegung, so als handle es sich wirklich um nichts. "Es soll lediglich dazu dienen, sicherzustellen, dass eine von beiden Seiten der anderen nicht in den Rücken fällt. So kann man sich schliesslich gemeinsam im Auge behalten. Es soll doch wieder Vertrauen herrschen, nach so vielen Jahren der Feindseligkeit", sagte er. Dabei spielte er auf die Tatsache an, dass die beiden Völker von einem abstammten und einst ein Reich gewesen waren, aber ob ihr sowenig Hinweise reichten, war unklar. Wenn nicht würde er es etwas klarer ausdrücken.
Das war zumindest Vaters Hoffnung, dachte Samor. Sein Vater würde, trotz seiner Kaltherzigkeit, gern die beiden Reiche einen, doch da sie beide nur Söhne hatten, ging dies nicht durch Heirat; ausser einer seiner Söhne würde Avis heiraten, doch diese war eine Stellvertretung. Was Sindras jedoch vorhatte war ihm unklar.
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Erst als es schon eine Weile dunkel war, wurden die Söldner vom Dienst freigestellt. Danva führte sie geschlossen zur Unterkunft und die meisten fielen einfach nur in ihre Betten und begannen zu schnarchen, zu fertig um sich überhaupt noch Gedanken über irgendetwas anderes zu machen. Auch Danva hätte sich am liebsten einfach dem Schlaf übergeben, und seine Pflicht für diesen Tag war getan, aber er wollte noch nach Reven sehen. Irgendwie mochte er den Magier.
Als er zu dem Haus kam, wo er ihn zurückgelassen hatte, war Reven nicht dort. Zuerst bekam er einen halben Wutanfall, aber schliesslich glaubte er den Pflegern, die behaupteten, er sei einfach verschwunden. Er nahm nicht an, dass Reven sich in Luft aufgelöst hatte, wie diese Schwarzmagier es taten, aber bei dem Durcheinander war es kein Wunder, dass jemand unbemerkt hinauskam. Er versuchte sich vorzustellen, wohin er an Revens Stelle gehen würde und es dauerte nicht lange, bis er das einzige geöffnete Wirtshaus auffindig gemacht hatte.
Reven wachte auf, weil ihn jemand in die Schulter stupfte. Er hob wankend den Kopf und verzerrte das Gesicht, weil sich alles drehte. "Was is?", fragte er den Wirt, der ihn geweckt hatte. In diesem Moment trat Danva zu ihm an den Tisch und sagte Vorwurfsvoll: "Hau nicht einfach ab, Mann!"
"Der gehört zu Euch?", fragte der Wirt. "Gut. Ich hatte schon Angst, der verrecke mir hier am Tisch, so schlecht wie er ausgesehen hat."
Danva streckte Reven die Hand hin, der ergriff sie und liess sich auf die Füsse ziehen. Danva legte sich einen von Revens Armen um die Schulter und zusammen stolperten sie aus der Taverne und die Strassen hinunter zur Unterkunft der Söldner. Danva deutete auf eine freie Lagerstatt und Reven liess sich widerstandslos daraufsinken und schlief sofort ein.
If you're going through hell, keep going.

"Es tut mir leid, aber ich kann dem nicht zustimmen. Ein solcher Ort wäre gerade zu perfekt um, in euren Worten ausgedrückt, einer Seite in den Rücken zu fallen. Unsere Familien sind weitläufig verwandt, stammen sie ja von Drigan Halbschild ab. Dennoch.... die Geschehnisse in den letzten 20 Jahren können nicht rückgängig gemacht werden und haben eine tiefe Kluft zwischen unseren Völkern geschlagen. Um diesen zu überbrücken braucht es Zeit und Geduld. In einigen Jahren nachdem wieder Frieden und Handel unsere Länder reich gemacht haben, können wir diese Sache noch einmal durchdiskutieren. Da sich dann ein gegenseitiges Vertrauen aufgebaut haben wird, das jede Seite wirklich den Frieden einhalten will.", erwiderte Avis. Bis dahin wäre auch Biarn alt genug um über solche Sachen mit zu entscheiden. Sie wollte ihn auf keinen Fall diesem Prinzen ausliefern. Irgendetwas an ihm war ihr nicht geheuer. Wenn er darauf bestehen würde, müsste sie vielleicht einwilligen, aber dann würde nur sie auf diese Burg ziehen und niemand sonst. Ihre Familie würde in der Nachtzinne bleiben.

Sindras lächelte erneut. "Ihr versteht aber hoffentlich, dass es auch für uns schwer ist euch im Moment zu vertrauen. Nehmt es nicht persönlich, aber wenn Gevira euch hilft, schneller auf die Beine zu kommen, können wir uns nicht sicher sein, ob ihr die Gelegenheit ausnützt. Ein Ort, den sich die Herrscher teilen, hält beide in Schach. Imemrhin gehen wir genau das gleiche Risiko ein, wie ihr", sagte er. "Doch ihr habt recht. Wir sollten uns jetzt vorallem um Handel und Frieden kümmern... Ich nehme an, dass ihr dazu auch einige Vorschläge hättet", sein Lächeln wirkte weder aufgesetzt, noch vollends ehrlich. Wenn er wollte war er allgemein schwer einzuschätzen. Er mochte nicht lange diskutieren und verhandeln schon gar nicht, denn er hasste Kompromisse.
Samor hatte kein Wort gesagt. Er überlegte sich die ganze Zeit über, was all das für ihn und seine Kinder heissen würde. Schliesslich war er der Kronprinz, nicht sein Bruder. Aber dieser schien anderer Meinung zu sein. Samor verfluchte seinen Vater doppelt und dreifach dafür, dass Sindras und nicht er auf diesem Stuhl dort sass. Er blickte zu Narum, der nichts sagte, sondern nur zuhörte, dann sah er wieder zu den Abgesandten der Nachtzinne. Der Vorschlag einer Eheschliessung würde beleidigend wirken.
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Lor stand auf der Mauer Wache und beobachtete die Exerzitien, denen Arsa die Jungsöldner unterzog, wobei ihn Mavi und Bren tatkräftig mit Herumgeschreie unterstützten, als wäre Arsas eigene Stimme nicht schon laut genug gewesen. Die Jungen gehorchten widerspruchlos, was Lor fast unheimlich fand, wenn man betrachtete, dass sie gezwungenermassen hier waren und Arsa ihre Dörfer hatte plündern lassen.
Dafür glaubte er, allmählich zu begreifen, was Arsa da eigentlich machte. Er wollte die Truppe vergrössern, und zwar zum selben Zweck, wie er das Dorf befestigen liess: damit sie in den Kriegswirren nicht untergehen würden. Eigentlich eine gute Sache. Lor gefiel nur nicht ganz, wie er es tat. Er hätte den Bauernjungen einfach sagen können, dass sie kämpfen lernen sollten, um sich selbst und ihre Familien zu schützen. Stattdessen nahm er ihnen alles und band sie völlig an sich. Das war etwas merkwürdig.
Eran trat neben ihn und nickte zum Hof hinunter, wo die Jungen eben im Kreis liefen und sich alle zwei Schritte fallen liessen, um Liegestützen zu machen. "Dass die Idioten das mitmachen?"
"Würdest du auch, wenn einer mit seinem Schwert hinter deinem Arsch rumfuchtelt", meinte Lor, während er sich mit der Spitze seines Messers Essensreste aus den Zähnen puhlte.
"Ja, vielleicht", meinte Eran achselzuckend und ging weiter.
Der Fischer wartete noch immer auf dem Turm. Einige Zeit nach Sonnenuntergang kam schliesslich ein Bote mit der Nachricht zu ihm, die er brauchte: dass man alle Toten aus der Stadt geschafft habe. Der Fischer schloss die Augen, breitete die Arme aus und rief das Wasser.
Das Meer am Fuss der Klippen begann zu sprudeln. Wo eine Welle an die Felsen schwappte, schien das Wasser gleichsam am Stein zu kleben. Es bildete einen nassen Film auf dem Stein, der schnell an dicke zunahm und sich immer weiter ausbreitete. Dann begann das Wasser in dicken Bändern die Felswand hinaufzufliessen.
Der Fischer hatte die Wachen informieren lassen, dennoch blieb ihm nicht viel mehr als zu hoffen, dass niemand in Panik verfiel, wenn er das Wasser sah, wie es über die Stadmauern kroch, durch die Gassen und über Hauswände und sich in der ganzen Stadt verteilte als eine schillernde Schicht von kaum drei Fingerbreit dicke, die alles umgab.
Der Fischer liess es einige Minuten schnell und stark fliessen, dann schickte er es zurück. Das Wasser ging und mit sich nahm es alles Blut und allen Schmutz, den die Schlacht in der Stadt hinterlassen hatte, und liess die Gassen und Häuser glänzend sauber und leicht feucht zurück, als es wie ein Wasserfall über die Klippen in die Tiefe sprudelte.
Der Fischer zog sich zurück und stütze sich auf der Umrandungsmauer ab, um sich zu erholen, denn er hatte diesen Zauber niemals über eine so riesige Fläche angewandt. Aber es hatte funktioniert. Er drehte sich um und sah in die Augen der beiden Wachen, die ihn gross anstarrten und ungläubig auf den sauberen Boden blickten. Er lächelte.
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Avis blickte ihn für einen Moment lang an. War das jetzt sein Ernst? Sie hatten niemals um Hilfe gebeten und sie würden sie höchstwahrscheinlich auch nicht annehmen. Einem Steinmetz aus Gevira würde nur Hass entgegenschlagen, falls er versuchen würde die Mauern der Nachtzinne wieder aufzubauen. "Das Friedensangebot der Nachtzinne sieht folgendermaßen aus. Den Schiffen unserer Handelsflotte wird freies Durchkommen zugesichert, das gleiche gilt natürlich auch für euch. Wir werden eine kleine Gruppe von Kriegsschiffen ausschicken um die Piraten auf den Inseln vor Gevira von unseren Schiffen fernzuhalten. Auch ihnen wird natürlich freies Durchkommen zugesichert. Wir werden eurer Handelsflotte natürlich dasselbe zugestehen. Ausserdem wird keine bewaffnete Truppe die Grenzen ohne die Erlaubnis des jeweiligen Königs überqueren. Sind diese Bedingungen in Ordnung?"

Sindras überlegte. 'Eine kleine Gruppe von Kriegsschiffen' war ihm zu ungenau und die Erlaubnis des Königs war wertlos, wenn man es nicht kontrollieren konnte. Er blickte zu Samor rüber. Vielleicht würde sie eher auf ihn hören, schliesslich war er um einiges mehr am Frieden mit der Nachtzinne interessiert.
Samor seufzte innerlich, als er den vielsagenden Blick seines Bruders sah. Im Moment fühlte er sich wie der jüngere. "Ich wäre dafür, wenn wir uns auf eine bestimmte Anzahl der Kriegsschiffe einigen. Ausserdem könnten beide Seiten Grenzübergänge festlegen, an denen es zu passieren gilt, ansonsten ist es nicht möglich zu wissen, wer wann und wieso die Grenze passiert. Was haltet ihr davon?", es war eine wage Idee, aber vielleicht würde der Vorschlag ja etwas bewirken. Was den Wiederaufbau der Nachtzinne betraf, so wollte er ihn nicht mehr vorschlagen. Sein Vater hatte es wahrscheinlich auch nicht ernst gemeint, als er dies niederschrieb. Es sollte wohl eher als ein angeblich freundschaftliches Angebot gelten, Geld oder Material der Nachtzinne zukommen zu lassen, damit sie die Stadt wieder aufbauen konnten.
Sindras hatte seine Mimik zum Glück im Griff, so konnte er sein genervtes Grinsen für sich behalten. Konnte sein Bruder nicht einmal das fragen, was er von ihm erwartete?
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