Avis nickte. Sie verfluchte sich in Gedanken, dass sie nicht selbst auf die Idee gekommen war. "Als Grenzübergang können wir die Brücke bei der Nachtzinne nutzen und die Brücke, die in Richtung Cadogan führt. Die Anzahl der Schiffe würde sich auf 7 belaufen. Drei Dromonen und vier Karawellen um genau zu sein. Das sollte genügend sein um jeden Piratenangriff abzuwehren.", schloss sie und fuhr dann gleich wieder fort. "Doch euer Hilfsangebot werden wir dankend ablehnen. Der Krieg ist so gut wie vorbei und dann können wir uns dieser Aufgabe mit der nötigen Aufmerksamkeit widmen."

Sieben Schiffe für eine Flotte waren angemessen, fanden die Prinzen. Den Grenzübergängen stimmten sie ebenfalls zu, auch wenn sie fanden, dass alle Brücken zu überwachen waren, so würden sie einfach die Wachenanzahl auf ihrer Seite erhöhen.
Growndrill sah ihnen zu, es war niemand im Zelt, ausser denen die sich berieten. Doch irgendetwas sagte ihm, dass Samor nicht ganz sicher war. Narum würde den Prinzen nicht aus dem Weg räumen wollen, die Nachtzinne, wenn sie nicht bescheuert waren, auch nicht. Aber sein Bruder hatte im Moment keine Chance ihm etwas anzutun. Immerhin waren er und Narum anwesend. Oder hatte er einen Weg gefunden? Er schob den Gedanken beiseite und beobachtete weiter.

"Gut!", sagte Avis erleichtert und erlaubte sich, sich ein wenig zu entspannen. "Habt ihr die entsprechenden Dokumente schon vorbereitet?" Avis nahm sich die Freiheit und schaute sich zum ersten Mal ausgiebig um. Die anderen Männer Geviras hatten sich mit keinem Wort zu den Friedensverhandlungen geäussert. Sie vermutete sie wollten ihren Prinzen nicht widersprechen, oder sie waren ebenfalls glücklich dass der Krieg endlich ein Ende gefunden hatte.

Sindras nickte und einer der Generäle reichte ihr die Dokumente. Das Dokument bestand aus zwei Schriftrollen, die eine war im Voraus vorbereitet worden und die zweite war während ihres Gesprächs entstanden. Der Hofschreiber - welcher etwas weiter zur Linken des Prinzen sass und seine Feder die ganze Zeit über fleissig und unbemerkt übers Papier fliegen gelassen hatte - hatte versucht es so genau und lückenlos wie möglich zu formulieren, damit beide Parteien mit dem Resultat zufrieden waren.
Samor verfluchte seinen Bruder, der den Schreiber mit Absicht so weit von ihm platziert hatte. So wusste er nicht genau, was in den Dokumenten stand und das konnte sich als Nachteil erweisen. Er sah Narum kurz an, welcher verstanden hatte. Wenn der Kronprinz eine Kopie wollte, würde der Westliche Drache später dafür sorgen, dass er auch eine bekam.

Der Prinz händigte ihr die Dokumente aus und Avis las sie noch einmal aufmerksam durch, doch es gab keine zweideutigen Formulierungen oder versteckte Andeutungen. Alles war in bester Ordnung. Sie holte das königliche Siegel hervor, welches sie an einer Kette um den Hals trug. Ein Diener trat hervor und goss ein wenig geschmolzenes Siegellack auf das untere Ende des Dokumentes. Avis zögerte einen Augenblick, doch dann drückte sie das Siegel hinein. Einige Sekunden verharrte sie, bis sie sicher war, dass der Abdruck gut sichtbar sein würde. Anschliessend setzte Armelion das Siegel der Tiefland-Elfen unter die Dokumente und händigte sie Sindras zurück. Nun musste nur noch der Prinz das Prozedur wiederholen, dann wäre der Friedensvertrag besiegelt und sie könnten wieder gehen.

Einer der Generäle sah zu Samor hinüber, dieser nickte nur wiederwillig und der General holte das Siegel hervor, welches er in seinem Gewand versteckt getragen hatte. Er gab es an Sindras weiter, der ohne ein Wort den Vertrag besiegelte, dann zufrieden und breit lächelte. Der Wein wurde eingeschenkt und er nahm den Kelch. "Lasst uns auf eine friedvolle Zukunft anstossen", sagte er und hob den Kelch in Richtung der neuen Verbündeten.

Avis und Armelion hoben dem Prinzen ihre Gläser entgegen. "Auf eine friedvolle Zukunft.", sagte Avis und stiess mit ihm an. Armelion wiederholte ihre Worte und Geste, doch sie erschienen ihm Hölzern und seine Bewegungen unnatürlich. Avis nahm einen Schluck aus dem Weinglas und wandte sich mit einem Lächeln an Armelion, der an seinem Getränk lediglich nippte. Endlich war dieser Krieg vorbei! Er erwiderte ihr Lächeln und spürte ebenfalls die Erleichterung, die ihn durchströmte.

Samor liess seinen Bruder nicht aus den Augen. Er war sich sicher, dass der Wein nicht vergiftet war, aber dennoch traute er der Situation nicht. Samor, du wirst noch Paranoid!, mahnte er sich innerlich und nahm einen Schluck Wein. Man durfte ihm jetzt keine Schwäche anmerken.

Avis bemerkte Samor's Anspannung auch wenn der Prinz sich grösste Mühe zu geben schien, sie zu vergeben. Sie war nicht umsonst für die Politik geschult worden. Sie hatte eine hervorragende Beobachtungsgabe. Samor's Blick war unentwegt auf seinen Bruder Sindras gerichtet. Sie verscheuchte diese Gedanken jedoch wieder. Sie hatten soeben einen Friedensvertrag ausgehandelt. Sie durfte nicht unfreundlich wirken und so die ohnehin schon schlechten Beziehungen zu Gevira noch weiter trüben. Der Schreiber, der die Dokumente geschrieben hatte, reichte ihr ein Exemplar davon und sie gab es Armelion weiter. Der Elf schob die Rolle in seinen Panzerhandschuh und nahm noch einen kleinen Schluck von dem Wein. Er war kein Diplomat und war unsicher was er tun sollte. Sofern er wusste war es allerdings Sindras Angelegenheit diese Verhandlungen für beendet zu erklären, da er sie schliesslich einberufen hatte.

Sindras erklärte beinahe feierlich die Verhandlungen für beendet, wenn nicht die Seite der Nachtzinne noch etwas einzubringen hätte. Doch dies war nicht der Fall und so verabschiedete man sich. Kurz bevor die Fürstin der Nachtzinne ging, schoben sich Narum und Growndrill aus dem Zelt. Samor hatte sie gebeten, die Nachtzinner für alle Fälle zu eskortieren. Narum gefiel der Gedanke nicht, den Prinzen allein mit seinem Bruder zu lassen.