drei Monate später, Anfang September
Sie kniete auf dem steinernen Boden. Das Blut des Übungskampfes tropfte noch von ihrer Klinge. Sie spürte, wie er die Hand nach ihr ausstreckte und sie am Kinn packte, sie zwang, ihn anzusehen. "Gut gemacht, Mädchen. Du hast dich hervorragend entwickelt in der kurzen Zeit. Es wird Zeit, zu sehen, ob du wirklich hältst, was du versprichst. Ich gebe dir einen neuen Auftrag. Einen, der wesentlich schwieriger wird als jeder, den du zuvor für mich erledigt hast."
Sie reagierte nicht, sondern hörte zu, als er erklärte, ohne eine Miene zu verziehen. Als er sie losliess, senkte sie den Kopf wieder.
"Hast du verstanden?"
"Ja!", sagte sie heiser.
"Dann geh. Was du brauchst, findest du draussen."
Sie stand auf und ging.
-> Nechbet und Wadjet in Personalunion weiter in Loney S. 118
If you're going through hell, keep going.

Ende Juli
Nahe Kasz
Hexathar trieb das Pferd schneller an. Zufrieden grinsend tastete er in der Satteltasche nach den Schätzen aus Kasz.
Die Exashandra hatte schnell gemerkt, dass sie gegen sie nichts ausrichten konnten. Und diese Narren hatten tatsächlich den Weg bis zu den Artefakten für sie geräumt.
Vermutlich waren sie selbst kurz davor gewesen, die Artefakte zu bergen und sie zu vor ihm zu verstecken. Er war wirklich gerade noch rechtzeitig gekommen.
Und der Kampf gegen die Gestalten, die die letzte Barriere hervorgebracht hatte, war für sie zu viert, auf der Stufe, auf der sie bereits waren, auch kein Problem mehr gewesen. Nunja, fast. Er schielte zu Nummer Eins herüber, der nur noch mit einer Hand die Zügel halten konnte und schwach auf seinem Gaul hockte.
Drúnkhar war der Ansicht gewesen, sie würden langsamer reiten müssen, sonst stürbe er noch zuletzt, aber Hexathar hatte das letzte Wort gehabt. Drúnkhar konnte ihn nicht kontrollieren, aber umgekehrt. Hexathar hatte das Sagen, sonst niemand. Und mit dem verletzten Nummer Eins gab es auch keinen Magier mehr innerhalb seiner Organisation, der auf seinem Level war.
Jetzt fehlte nur noch einer der vier Schlüssel: Drez.
Dann wäre er nahezu unbesiegbar und könnte sich an das letzte Artefakt wagen.
Einige Kilometer weiter hinten, noch näher an Kasz
Mit Wuttränen in den Augen rannte Gwaishach den Weg entlang. Er hatte sein leichte Rüstung an, die schwere behinderte ihn leider zu sehr. Er wusste, dass Harui und einige andere irgendwo hinter ihm ebenfalls in die Richtung rannten, aber er hatte nicht auf sie gewartet. Auf niemanden. Von Wut eingenommen war er losgerannt, sah die Welt wie in einem Flammenmeer unter tosendem, schwarzen Himmel. Die Bilder waren noch eingebrannt, der kurze Kampf, das Blutbad, dass sie angerichtet hatten.
Wie einige seiner Freunde gefallen waren. Was hatten sie im Endeffekt erreicht? Nichts!
Er spürte ihre Magie, er wusste, wo sie waren. Und er wusste auch, dass sie nicht wissen konnten, wo er war und deshalb würde er sie kriegen. Und jeden von Ihnen töten.
And he wondered...how can I protect something so perfect without evil?

Anfang August
Die Stadtwachen hatten kein Interesse mehr an ihnen. Alles war ruhig geblieben und der Streit eine lange Weile her. Sie waren kaum noch in der Unterstadt aber beinahe zerbrochen.
Gwaishach hatte sich in Yvias Wohnung verkrochen. Sie wohnte zwar zentraler als Dashz und es gab Nachbarn, aber dennoch lag ihre Wohnung in einer ruhigeren Seitengasse und er hatte ein kleines Zimmer für sich haben können. Zu Dashz wollte er nicht. Er konnte ihm nicht schon wieder zur Last fallen und seine Eltern würden zu viel mit ihm reden wollen.
Die meiste Zeit lag er nur auf dem Bauch auf der Matratze und starrte vor sich. Yvia versuchte ihn zwar aufzumuntern, aber das brachte nichts. Er wollte seine Ruhe.
Er hatte versagt. Wie immer.
Sein Zorn war bald abgeschwellt und er hatte die Verfolgung aufgegeben. Jeder der Magier war allein stärker als die ganze Exshandra, das wusste er. Und er konnte nicht das Leben der anderen für Rache riskieren.
Sie waren so viele Risiken eingegangen, hatten Ölhandel betrieben, das Leben an der Oberfläche für eine Weile aufgegeben, ihre Leben aufs Spiel gesetzt, Verletzungen erlitten, Kraft geopfert - nur für ihn. Und er war gescheitert. Kurz vor ihrem Ziel wurden die Artefakte gestohlen. Kurz bevor sie sie freigelegt hatten.
Jetzt war es zu spät.
Und er war schon als Versager hierhergekommen. Er hatte Niv nicht beschützen können und sie verloren. Als Feigling. Gegen die Schlangenfrauen verloren.
Und schon davor war er ein Versager gewesen. Er war Akyris untreu gewesen und geflohen. Hatte schon damals Inarin dem Tod überlassen, einer treuen Freundin.
Und das hatte ihn schon damals mehr beschäftigt, als es sollte. Er hatte gelernt, sich nicht zu binden, keine Gefühle zu haben. Seine ganze Jugend lang hatte er es trainiert, war trainiert worden. Aber hatte es nie so sehr geschafft wie die Anderen. Er war schon als Versager zu Akyris gekommen. Als guter Spürmagier und Kämpfer, aber sonst war er den anderen immer unterlegen gewesen. Er war ja schon als Versager damals aus Kasz fortgegangen...hatte seine Freunde im Stich gelassen und die ganze Exshandra...und nun ins Verderben gestürzt.
"Ach komm schon!", rief Dashz und trommelte an die Tür, "keiner nimmt dir das so übel. Wir sind dir freiwillig gefolgt! Jedem stand es frei, seine Kraft dir zu schenken. Es hat nunmal nicht geklappt. Wir sind davon aber nicht betroffen. Die meisten leben noch und Kasz steht noch ganz da. Und ihre Tode war nicht deine Schuld, wir kannten die Gefahren! Jetzt mach die Scheißtür auf! Du bist der Einzige, der das so schlimm sieht, was ist denn los? Wir können doch reden!"
"Hau ab", brummte Gwaishach nur.
Dashz hatte vielleicht Recht, auch wenn Gwaishach wusste, wie sehr ihre Tode ihn mitnahmen. Vielleicht nahm es ihm keiner krumm und niemand sah ihn als Schuldigen. Aber er selbst tat es. Er würde niemals mehr Zrevolos Familie in die Augen sehen können. Oder Gautars. Oder Hevalessyas.
Außerdem hatte er schon so oft versagt. Und selten was erreicht.
Er konnte die Dinge nicht geraderücken. Und dass Hexathars Macht nun noch größer war, betraf sie alle mehr, als die Anderen ahnten. Vielleicht war sein Versagen der Grund für ein baldiges Ende des Dreitans, das sie kannten.
Sollten Yvia und Dashz vor der Tür glücklich weiterleben. Sie schienen sich gut zu verstehen. Er jedenfalls würde die meiste Zeit in diesem Zimmer bleiben und nach einem Grund suchen, nicht einfach aufzuhören.
And he wondered...how can I protect something so perfect without evil?

Drei Tage später
Er ließ zu, dass er an den Mahlzeiten teilnahm, er schloss sich nichtmehr ein und sogar mit anderen Exshandras redete er, wenn denn jemand vorbeikam zu Besuch. Aber der Schmerz wurde nicht besser. Ebensowenig das alles umfassende Gefühl, immer versagt zu haben, Schuld zu sein, kein Ziel mehr im Leben zu haben.
Dennoch hatte er noch Freunde, das zeigten ihm die Anderen, vor allem Yvia, Dashz und Harui, auch wenn sie, wie er wusste, teilweise etwas dick auftrugen um ihn aufzumuntern.
Nachts lag er dennoch lange wach, schwach und deprimiert. So konnte es nicht weitergehen, das wusste er. Und es gab nur drei Möglichkeiten, wie er das sah.
Er konnte Kasz verlassen und in der Welt nach etwas Neuem suchen, neu anfangen. Er kannte zwar nicht viele Magier oder Personen von früher, aber auch so würde er schon etwas finden. Oder er blieb in Kasz, versuchte ein relativ normales Leben anzufangen, sich eine Tätigkeit zu suchen, das Alles hinter ihm lassen und versuchen da weiterzumachen, wo er wäre, wenn er damals nicht geflohen wäre. Familie hatte er zwar keine mehr, zumindest keine, die ihn aufnehmen würde, aber Freunde.
Oder - und das erschien ihm die süßeste Möglichkeit, beendete sie doch nicht nur alle Probleme, sondern auch sein zielloses und gescheitertes Dasein - er würde sich umbringen.
Raus in den Wald und eine Schlinge um den Hals.
Aber er tat es nicht. Etwas in ihm war noch nicht gänzlich bereit aufzugeben.
Wenn er wirklich die Finger von der Welt ließ, vielleicht noch einmal Hexathars Widersachern Informationen gab, dann versuchte die Sache mit Nivzetra und den Schlangenfrauen zu klären und mit seinen Freunden hier lebte...er würde sich bestimmt erholen...aber er wusste so viel über Hexathar. Er könnte dort draußen kämpfen, einen Widerstand bilden, vielleicht mit den Schwarzmagiern. Dafür sorgen, dass die Welt nicht versinken würde, damit seine Freunde in Zukunft friedlich würden leben können...es war einfach zum Verzweifeln und jede Stunde des Denkens brachte ihn einer Entscheidung nicht näher.
And he wondered...how can I protect something so perfect without evil?

Ne Woche später
Im Endeffekt war er nur ein Feigling, den nach all den langen Reisen und Abenteuern ein Hauch von Bequemlichkeit in ihre erschöpfenden Fänge geschlossen hatte.
Er ging nicht fort. Es war einfacher hierzubleiben und er konnte sich nicht durchringen.
Er brachte sich nicht um. So weit war er doch noch nicht.
Er suchte niemanden, über den er Kontakt zu den Magiern aufnehmen konnte. Sterben musste er ohnehin, er wollte sich nicht länger einmischen. Es würde schon Stärkere als ihn geben, die Hexathar aufhalten würden. Und wenn nicht, nun, sterben musste er ohnehin.
So blieb er hier und hatte eingewilligt, vorübergehend Haruis Onkel in dessen Sägewerk zu helfen. Gegen geringes Entgelt, aber er konnte noch bei Yvia wohnen. Haruis Onkel war streng, aber Gwaishach war weder blöd, noch besonders schwach, so konnte er sich halbwegs nützlich machen.
Nur einer Sache ging er beharrlich aus dem Weg, obwohl sie ihn doch stets beschäftigte.
Früher oder später müsste er das Freudenhaus aufsuchen, indem Nivzetra gewesen war und herausfinden, ob sie noch dort war und wenn nicht, wo sie war. Und mit ihr reden. Er konnte die Sache nicht offen lassen. Aber er schob dieses unangenehme Ereignis beharrlich vor sich her.
Drückte sich vor der Verantwortung.
Wie gesagt, im Endeffekt war er nur ein Feigling , den nach all den langen Reisen und Abenteuern ein Hauch von Bequemlichkeit in ihre erschöpfenden Fänge geschlossen hatte.
And he wondered...how can I protect something so perfect without evil?

Ende August
Es hatte einen Vorteil Dunkelschatten zu sein. Es fiel nicht auf, wenn er rot anlief. Er hatte soeben besagtes Freudenhaus betreten - der Türsteher hatte ihn sehr misstrauisch beäugt, da er nicht sehr wohlhabend aussah - und stellte sich nun an den Empfangstresen.
"Ähm...ich wollte fragen, ob Nivzetra hier noch arbeitet", fragte er und wusste nicht, ob das Wort arbeiten in dem Kontext das passendste war.
And he wondered...how can I protect something so perfect without evil?



"Einen Moment", meinte der Mann mit einem hilfsbereiten Lächeln und schlug ein in edles Leder gebundenes Buch auf. Man hatte ihm gesagt, dass Kundenfreundlichkeit sehr wichtig sei. Er blätterte die Seiten durch auf der Suche nach dem passenden Eintrag, fand ihn und fuhr der Zeile entlang. "Ah, hier. Nivzetra wurde vor etwa zweieinhalb Monaten in ein anderes unserer Etablissements umquartiert, und zwar im Ha... Oh", machte er plötzlich, als er den Eintrag weiterlas, und sein Lächeln nahm ziemlich ab.
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