Sie sah ihn etwas scheu und unsicher an. "Numair, ich... will euch wirklich gern heiraten. Ich...mag euch sehr. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ihr mich...ebenfalls...mögt. Weil ich..euch einfach so mit einem Antrag überrumpelt habe und unsere Familien sich nicht so gut verstehen.."

"Ich..." Er verstummte wieder. In so Sachen war er einfach miserabel. Manchmal schäkerte er schon mit den Mägden, doch das war nie was ernstes. "Wenn ich ganz ehrlich bin, dachte ich ihr habt mich erwählt, weil ich in euren Augen das kleinste Übel bin." Numair lächelte verlegen und rieb sich den Kopf. "Ich bin sehr von euch angetan. Vielleicht wird sogar einmal Liebe draus.", gestand er schliesslich leise.

Sie stand auf und neigte sich zu ihm, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu drücken. "Ich weiss es war unschicklich...aber ich... verzeiht", meinte sie und wurde rot.

Numair sagte nichts, sondern stand ebenfalls auf, legte eine Hand hinter ihren Kopf, fühlte ihre seidigen Haare unter seinen Fingern und küsste sie. Er achtete nicht auf die kleine Stimme in seinem Kopf, die ihn schalt, dass er sich gerade wie der grösste Idiot benahm, sondern konzentrierte sich ganz auf ihre weichen Lippen. Er konnte immer noch die süsse Note des Weins schmecken, den sie getrunken hatte.

Sie erwiderte den Kuss und drückte ihn leicht von sich. "Ich habe so etwas noch nie gemacht", meinte sie scheu und sah ihm in die Augen, bevor sie ihn wieder küsste.

"Dafür küsst ihr aber schon ziemlich gut.", meinte er ein wenig atemlos und löste sich von ihr. Sie sollten jetzt besser aufhören, bevor sie beide noch mehr die Kontrolle verloren und sie sich von ihm verführen liess. "Ich..." Dennoch konnte er nicht widerstehen und stahl erneut einen Kuss von ihr, bevor er sie sanft auf den Stuhl drückte. "Ich denke das war schon ein guter Start für eine zukünftige Ehe.", meinte er mit einem Augenzwinkern und schenkte ihnen beide nochmals ein wenig vom Wein ein.

Sie lächelte scheu und trank einen Schluck Wein. "Ihr habt recht...Verzeiht", räusperte sie sich und sah ihn neugierig vonKopf biss Fuss an. "Wir sollten...sollten das Ganze für die Hochzeitsnacht aufsparen", meinte sie und ihr Herz pochte ihr bis zum Hals. Sie hoffte, das ihr Gesicht nicht so rot war, wie es sich anfühlte.

"Ich denke, da habt ihr ein wahres Wort gesprochen, Rowenia.", erwiderte er lächelnd, auch wenn er die Hochzeitsnacht am liebsten heute noch vorgeholt hätte. "Wärt ihr einverstanden, wenn wir eine Woche nach Maevas Krönung heiraten würden?"

"Ja... früher wäre gut...aber, es wäre unhöflich Maeva gegenüber", meinte sie und stand auf. "Ich...gehe besser jetzt, bevor...", sie lächelte scheu, küsste ihn schnell zum Abschied und rauschte aus dem Zimmer, bleib aber bei der Tür kurz stehen, um ihm zuzulächeln.

Numair begann zu grinsen wie ein beschenktes Kind, als sie die Türe hinter sich schloss. Sie mochte ihn. Sie hatte es selbst gesagt. Er begann zu lachen, als ihm schliesslich die Ironie ihrer Situation bewusst war. Noch vor ein paar Wochen hatte der Rat sie zu einer Heirat zwingen wollen und nun konnten sie beide es kaum erwarten. Er leerte den Becher in einem Zug und trat dann ebenfalls nach draussen. "Du hast heute verdammt gute Laune, Numair.", sagte Algernon. "Darf ich den Grund erfahren."
"Ich werde Rowenia heiraten.", erwiderte Numair nur und ging weiter. "Wer bewacht sie jetzt eigentlich?"
"Zwei Soldaten der Stadtwache. Jasper und Lucas sind ihre Namen. Du solltest dir überlegen ob du sie in deine Dienste nehmen willst. Sie sind höflich und gut."
"Ich werde es tun, aber jetzt werde ich mich erst einmal um einen von unseren Gefangenen kümmern."
"Leofric?", fragte Algernon.
Numair nickte und ging hinunter zu den Kerkern. Er fand seinen ehemaligen Knappen in einer Zelle zusammen mit 10 weiteren Männern. Kaum etwas erinnerte Numair an den fröhlichen Jungen, den er aus dem Waisenhaus geholt hatte. Seine dunklen Augen waren voller Furcht. Algernon schloss die Türe auf und Numair trat mit gezogener Waffe ein. Der Gestank raubte ihm fast den Atem. "Aufstehen.", befahl er dem Jungen schroff. Leofric kam mühsam auf die Beine und humpelte aus dem Kerker hinaus. "Werdet ihr mich nun umbringen?", fragte er.
"Weisst du, dass du mit deinem Verrat einen Krieg hinauf beschworen hast?", entgegnete er, ohne auf die Frage des Jungen einzugehen. "Wenn ich dich einfach im Waisenhaus gelassen hätte, wäre nichts von alldem passiert. Eigentlich müsste ich dir fast danken." Er führte Leofric die lange Treppe hoch zum Ausgang. "Was du getan hast, war kein Lausejungenstreich. Es war die Tat eines Mannes. Du hast die rechtmässige Königing verraten und mich. Deinen Dienstherrn. Für Hochverrat kommt man an den Galgen.", sagte er ruhig, als sie nach draussen traten. Der Galgen befand sich etwa 100 Meter von ihnen entfernt in einer schattigen Ecke der Burg. Leofric begann zu zittern.
"Hier habe ich dein Urteil.", sagte Numair hart und nahm von Algernon eine kleine Rolle entgegen. "Wegen Verrats an seinem Dienstherrn, Numair Earl von Midvale und an der rechtmässigen Erbin der Krone wird Leofric, Spion von Kjartan und ehemals Knappe von Numair von Midvale wird Leofric dazu verurteilt..."
"Bitte!" Der Junge konnte sich nicht mehr halten. Er hatte die Kontrolle über sich verloren und kniete vor Numair hin. "Ich tue alles was ihr wollt. Nur lasst mich am leben. Ich werde... ich werde..." Er konnte nicht mehr weitersprechen." Er begann zu weinen und Numair fühlte sich einfach widerlich, dennoch fuhr er fort.
"... wird Leofric dazu verurteilt das Land Loneys auf ewig verlassen zu müssen. Du bist hiermit aus Loney verbannt. Solltest du jemals wiederkehren droht dir der Tod.", sagte er kühl und wandte sich dann von dem jammernden Häufchen Elend ab, dass einmal ein Junge gewesen war, den er geschätzt hatte.
"Euer Vater hätte ihn erschlagen. Ich selbst hätte ihn wahrscheinlich erschlagen.", sagte Algernon, als sie sich wieder auf dem Weg zurück zum Palast machten. "Warum habt ihr es nicht getan? Es wäre euer Recht gewesen."
"Er ist in Wahrheit nur ein weiteres Opfer unserer Familienfehde.", erwiderte Numair und schluckte. "Kjartan hat seine Armut schamlos ausgenutzt um ihn gegen mich zu aufzuhetzen. Jetzt da diese Fehde beendet zu sein scheint, erschien es mir sinnlos jemanden zu erschlagen, der selbst nur reingelegt worden ist. Die Strasse und die Verbannung sind Strafe genug für den Jungen. Ich will meine Hände da nicht auch noch mit seinem Blut beflecken."