"Ehm nein, sie hat vor mich nach dem Gespräch mit euch verlegen zu lassen... das war die Abmachung. Bis zur Verhandlung selber werde ich im Palast bleiben müssen...mit einer Ehrengarde", antwortete sie lächelnd und wusste nicht was sie weiter sagen sollte. Immerhin verlobte man sich nicht alle Tage mit einem Earl in einer Kerkerzelle...

Numair war genau so ratlos wie sie. Er drückte ihre Hände noch einmal kurz und stand dann auf. "Ich werde Algernon schicken.", sagte er schliesslich. Dann wäre er sich sicher, dass die Wache keinen versteckten Groll gegen die Schwarzschnees hielt und Rowenia könnte dann aus dieser Zelle kommen. "Ich freue mich auf unsere nächste Begegnung.", fügte er mit einem warmen Lächeln hinzu. "Ihr seid wirklich eine Person, die voller Überraschungen steckt." Er führte ihre Linke kurz an seine Lippen und verliess dann wieder die Zelle.
Sofort liess er nach seinem Ritter schicken und teilte ihm mit, dass er die ehrenvolle Aufgabe bekommen hatte, Rowenias Ehrengarde zu werden. Algernon nickte nur und blickte ihn grinsend an. "Was?", fragte Numair unwirsch.
"Es macht bereits die Runde. Die Wache vor Rowenias Kerker hat euch belauscht und einer Dienstmagd, die ihm Essen gebracht hatte, erzählt, dass du dich mit Rowenia verlobt hättest."
"Man kann in diesem verfluchten Palast auch gar nicht geheimhalten.", brummte der Earl und ging auf sein Zimmer um sich erst mal einen ordentlichen Wein einzuschenken.

Maeva hatte alles veranlasst und Rowenua und ein paar andere der 'Gefangenen' die auf ihr Angebot eingegangen waren konnten ihre neuen Quartiere beziehen, die sich nicht von denen ihrer Gäste unterschieden. Lediglich die Ehrengarde, die sie stets auf Schrutt und Tritt begleitete war etwas nervig.
Bis zu den Besprechungen dauerte es nicht mejr lange und Maeva stellte sich seelisch auf ein langwieriges und langweiliges Politikgeplänkel ein. Damit sie nichts vergass, hatte sie sich die wichtigsten Verhandlungspunkte notiert.
Als die Prinzessin, Königin nannte sie sich noch nicht, da sie sich vor dem Volk im Dom krönen lassen wollte, den Besprechungsraum betrat, waren schon alle anwesend. Sie erhoben sich und nahmen wieder Platz nachdem sie sich setzte. Sie begrüßte sie und eröffnete gleich die Diskussionen indem sie die Themen vorlegte. Ein neues Parlament, die Umstrukturierung der Gesetze, die dem Volk mehr Freiheiten boten und Rechte gaben, aber auch die Wirtschaft förderten und was mit den 'Gefangenen' geschehen sollte. Man musste noch ein Gericht zusammenstellen und die Daten der Verhandlungen festlegen.

Numair beteiligte sich kaum an den Gesprächen. Er war voll und ganz damit beschäftigt nicht in seinem Sitz einzuschlafen. Er war noch immer erschöpft vom Gift und sein Arm und Finger schmerzte ihm. Ausserdem schien die spitze seines kleinen Fingers die ganze Zeit zu jucken, obwohl sie nicht mehr da war. Ausserdem musste er sich Gedanken über seine Zukunft mit Rowenia machen. Sie konnten nicht getrennt leben und er hatte auch keine Lust eine Wand in seinem Schlafzimmer aufbauen zu lassen, nur weil sie nicht im selben Bett mit ihm schlafen wollte. Deshalb würde er seinen Haushalt wohl in die Schwarzschneeburg verlegen lassen müssen. Dort hätten sie getrennte Schlafzimmer. Er brach seinen Gedankengang ab, als ein Diener mit einer Weinkaraffe die Runde machte und liess sich einschenken.
Nun er würde ein paar Punkte mit seiner zukünftigen Gemahlin besprechen müssen, aber das würde er erst nach den Verhandlungen in Angriff nehmen, oder vielleicht auch noch später. Müde gestand er sich ein, dass er einfach keine Lust hatte um mit Rowenia zu diskutieren. Es würde sich schon irgendwie ergeben, hoffte er.

"Gut, dann fassen wir zusammen: Das Parlament wird von uns und dem Volk gewählt. Es wird aus den Adeligen der jeweiligen Grafschaften bestehen und einem dazugehörigen Volksvertreter. Dieser muss gebildet sein, in Wirtschaft unterrichtet und auch von seinem Lord anerkannt", sie sah in die Runde. Es sahen alle mehr oder weniger zufrieden damit aus. "Das Parlament wird in drei Jahren in Kraft treten und in zweien wird die Wahl der Vertreter stattfinden... Bis dahin hat jeder Lord die Pflicht sein Volk über die Umstrukturierung zu unterrichten und eine Schule zu gründen, in der die Kinder vom siebten bis dreizehnten Alter umsonst unterrichtet und die Erwachsenen gegen einen festgelegten, prozentuellen Entgelt", sie seufzte. "Morgen treffen wir uns zur gleichen Stunde um die Details zu beraten und sie niederschreiben zu lassen... Zum Punkt zwei. Der Vorschlag die hier Versammelten, als Gericht einzusetzen und die Verhandlungen der angeklagten Verräter öffentlich abzuhalten, muss noch abgestimmt werden. Bitte nennt jetzt die Gegenvorschläge..."

Punkt zwei wurde ohne grosses Aufhebens ebenfalls angenommen. Nur bat Numair sich aus dieser Sache raushalten zu dürfen. Ihm wurde es gestattet. Als nächster Punkt wurde Maevas Krönung besprochen. Jeder Lord würde einen gewissen Beitrag daran zahlen, doch der grösste Teil würde die Staatskasse tragen müssen. Sie beschlossen die Krönung in einem Monat abzuhalten, damit auch die Adligen auf den entlegensten Landsitzen es schaffen würden sich nach Loney zu begeben. Als sie sich schliesslich auf die Details der Krönung geeinigt hatten, war es schon Abend und Numair stiess einen erleichterten Seufzer aus, als die Besprechung zu Ende war. Na endlich. Er wartete, bis die meisten aus dem Saal gegangen waren, bevor er aufstand und sich prompt abstützen musste. Sein Arm pochte. Er hatte heute Mittag vergessen die Salbe aufzutragen, die ihm dieser Heiler gegeben hatte. Nun es war wahrscheinlich klug, dass er das so schnell wie möglich nachholte.

"Ihr solltet euch vielleicht besser schonen, Numair", meinte Maeva die sich zu ihm stellte, nachdem sie die anderen Lords verabschiedet und die Verhandlungen gelobt hatte, da diese sehr erfolgreich und relativ rasch vor sich gingen. "Wenn ihr wollt, hilft euch Ainbheartach auf euer Zimmer... Ich lasse nach einem Heiler schicken, wenn ihr mögt..."

Rowenia sass währendessen mit einer dampfenden Tasse Tee im Innenhof des Palastes und sinnierte über die vergangenen Tage und die, die bald kommen würden. Sie dachte an Lord Numair und musste schmunzeln, als sie an seinen schockierten Gesichtsausdruck zurück dachte. Und noch mehr, als er zurück gekommen war, um ihr seine Antwort zu geben. "Algernon", sprach sie den Ritter an, der hinter ihr stand, "Setzt euch doch zu mir und nehmt euch eine Tasse Tee. Wenn ihr vor Langeweile umkippt, könnt ihr nicht aufpassen, dass ich nichts dummes anstelle..."

"Nein, nein. Ich schaff das schon. Ich werde Algernon bitten meinen Arm zu verbinden... nein, der passt auf Rowenia auf. Ihr habt recht. Ein Heiler wäre in dem Fall nicht schlecht.", gab er zu und wandte sich dann zum gehen. "Ich bin in meinen Gemächern.", rief er noch über die Schulter, bevor er aus dem Ratssaal trat. Tatsächlich kam ein Heiler kurz nachdem er sich in seinem Zimmer hingesetzt hatte. "Ihr braucht Hilfe mit eurem Arm?", erkundigte er sich höflich. Numair nickte und der Heiler machte sich gleich an die Arbeit. Der Earl war erstaunt um wie vieles besser sein Arm bereits jetzt aussah. Was immer in diesen Salben war, es wirkte Wunder. Der Heiler allerdings verzog das Gesicht. "Es sieht so aus, als ob eine Herde Büffel darübergetrampelt wäre.", meinte er und begann dann die Salbe aufzutragen.
Kurze Zeit später trat der Earl mit einem frischen Verband wieder raus. Der Schmerz war zu einem dumpfen Pochen reduziert worden. Jetzt würde er wohl nach Rowenia suchen müssen. Er fand sie im Innenhof des Palastes.

Algernon schüttelte den Kopf. "Danke für euer Angebot, Mylady, aber ich muss ablehnen. Bietet lieber meinem Dienstherr einen Tee an. Er sieht reichlich blass aus.", meinte er und nickte in Richtung des Earl, der gerade aus einem der Eingänge kam.

Rowenia erhob sich und lächelte ihm kurz entgegen. "Bitte", meinte sie freundlich, "setzt euch... Mögt ihr etwas Tee?"

"Gerne." erwiderte er und bedankte sich höflich, als sie ihm eine Tasse einschenkte. Für eine Weile sassen sie nur still da und Numair genoss seinen Tee. "Nun... darf ich fragen, ob ihr euch schon etwas zu unserer Hochzeit überlegt habt? Immerhin habt ihr mir ja den Antrag gemacht.", fügte er grinsend hinzu.