Er lächelte und strich ihr übers Haar, drehte ihre Roten locken um seine Finger, so wie er es sonst mit den Flammen tat. "Nein nicht ganz, aber fast... Wieso so pessimistisch? Wenn die Welt nicht vergehen würde, würde es keinen Platz für eine neue geben. Wir bauen einen kleinen Teil dieser nächsten Welt. Ist das nicht schön, zuzusehen, wie das wächst, was man erschafft und der Gedanke, dass es fortwährt, auch wenn wir nicht mehr sind?"

"Aber dann, siehst du wie es zerfällt. Ist es nicht schöner sein Leben auszukosten und zu hoffen, dass es Gutes bewirkt? Ich meine eine Weile wirst du es ja beobachten können wie es entsteht, wie es wächst... Das ist der Unterschied zwischen den Menschen und Dämonen. Menschen wollen Leben, Dämonen im Kampf sterben. Ihnen ist es egal, was mit der Welt nach ihnen geschieht, solange sie in Würde und Stärke sterben können", sagte er. Irgendwie erinnerte ihn das alles, an seine Jugend, wie er damals zum Magier gemacht wurde und wie sehr er es gehasst hatte. Damals hatte er das Feuer verabscheut, seine Familie die nur einen starken Erben haben wollte und der es egal war, was sie aus ihm machten. Egal, solange er stärker wurde.

Naja sass auf der höchsten Turmspitze des Domes und sah hinüber zum Palast. Es war Nacht und die Sterne funkelten unzählig über ihrem Haupt. Sie spiegelten sich im Wasser und sie hing ihren eigenen Gedanken nach.
"Was sucht ihr hier, allein in dunkler Nacht?", ertönte eine röchelnde und leise Stimme hinter ihr. Sie drehte sich nicht um und versuchte die Person zu ignorieren. Doch die Person blieb und schien nicht eher zu gehen, bis sie eine Antwort bekam. "Leicht poetisch, was?", fragte sie spöttisch und drehte sich nach einer Weile entnervt um. Doch was sie sah, liess sie sich beinahe verschlucken. Der Schwarzmagier, der ihre Schwester getötet hatte stand direkt hinter ihr. Seine gelben Reptilienaugen leuchteten aus dem Dunkel der Kapuze und das leichte Gewand, das aussah, wie aus Rauch gefertigt flatterte unhörbar im Wind. "Was seid ihr?", fragte sie und kniff die Augen zusammen. Die Gestalt lächelte und leicht blitzten lange, spitze Zähne hervor. Der Kopf schnellte zu ihr, der Hals wurde immer länger und schnellte auf sie zu. Der Kiefer der Kreatur spaltete sich und umschloss ihren Hals. Nur für einen Moment, dann schnellte der Kopf zurück und der Schwarzmagier wischte sich den Mund ab. "Habt ihr keine Angst?", fragte die tonlose Stimme. "Wieso sollte ich?", fragte sie dann kühl und war erstaunt, wie wenig ihr erdener Körper reagierte. Sie war zwar verkrampft, aber ihre Anspannung löste sich schnell wieder. "Also was seid ihr?", fragte sie erneut.

Er dachte für einen Moment nach, war sich nicht sicher und entschloss es nicht zu tun. "Ein andermal vielleicht", sagte er dann, küsste ihre Stirn und begleitete sie nach draussen.

"Ich weiss nicht was ich bin, aber bin ich nicht das was ich sein sollte?", antwortete der Schwarzmagier und legte den Kopf schräg. Naja sprang herunter, von der Turmspitze aufs schräge Dach. Die Kante des Daches war abgeschnitten, so dass zwischen den zwei höchsten Türmen ein Weg entstand. Sie lehnte sich an den Turm und sah den Schwarzmagier an. Etwas stimmte nicht mit ihm. Er setzte sich langsam vor sie im Schneidersitz hin und beobachtete sie aufmerksam, den Kopf von der einen zur anderen Seite wiegend. "Was soll das heissen?", fragte sie barsch. Er gab einen zischenden Laut von sich, was ein Lachen darstellen sollte. "Ich war einst viele und jetzt bin ich eins", sagte er und wieder ertönte das zischende Lachen. "Ich war einst das, was ihr gefürchtet. Gefällt dir deine Schlangenhaut nicht? Wieso hast du sie abgelegt?", fragte er und legte den Kopf schräg. Naja erstarrte. "Wer seid ihr?", fragte sie dann mit kaum hörbarer Stimme. "Ich bin viele" - "Wer seid ihr!?", brüllte sie. "Wer seid ihr alles!?", sie sprang auf und packte ihn am Kragen, hob ihn hoch und bereute es im nächsten Moment. Eine spitze Kralle ruhte an ihrer Stirn, dann zog sie kreise und ritzte die liegende Acht in ihre Haut, die leicht zu bröckeln und zerspringen begann. "Zu viele, als dass ich sie aufzählen vermag", sagte die Stimme und wurde dunkler und tiefer. Der Schwarzmagier war plötzlich um einiges grösser als sie und sah sie von oben herab an. Sein Kopf war der eines Krokodils und die Augen bohrten sich giftgelb in die ihren. "Verlasst Loney und kommt nicht wieder. Die Stadt gehört euch nicht. Weder euch, noch den Nymphen", sagte er und löste sich in rauch auf. Naja blieb zitternd zurück, die Augen weit aufgerissen vor schreck. Ihre Haut begann zu bröckeln, doch sie fing sich wieder und schluckte einmal leer. Sie musste sich beeilen und gehen. So weit und schnell sie konnte. Sie musste fliehen.

Er blieb stehen und rang mit sich, dann gab er nach und befreite sich aus ihrer Umarmung. "Und wo genau soll ich bleiben, hier auf der Strasse?", fragte er grinsend und verstrubbelte ihr das Haar. "Hast du eine Bleibe?"

"Dann bleib ich gern", sagte er halb grinsend und halb lachend und folgte ihr.