Diese Wesensart an ihr war so vollkommen anders als das was er von ihr gehört hatte, dass er einen Moment sitzen blieb und seine Worte erwägte. "Meinem Haushalt geht es hervorragend und in den letzten drei Jahren hatten wir reiche Ernten. Das Korn verkauften wir zu gutem Geld in Gevira, da die wegen des Krieges viele Vorräte brauchten. Meine Pferdezucht läuft ebenfalls hervorragend, doch ich will euch nicht mit den Belanglosigkeiten aus meinem Leben langweilen Prinzessin. Sagt mir doch bitte warum ihr mich zu sprechen wünscht." Er nahm einen Schluck vom Tee und schloss für einen Moment die Augen. Wollte sie ihn in eine politische Intrige verwickeln? Einfach plaudern würde sie wohl kaum wollen und ihr Tonfall und Benehmen passte einfach nicht zu dem Bild was er sich von ihr gemacht hatte. Niemand der so wohlerzogen war, wie sie sich jetzt gab, würde sich mitten in einen Gang setzen und Mägde mit dem Schwert bedrohen. Noch würden sie sich einen Leibwächter zulegen, den niemand kannte.

"Oh, ihr langweilt mich keinesfalls", meinte sie lächelnd und nahm einen Schluck Tee. "Ich wollte mit euch über das Waisenhaus sprechen. Ich höre immer wieder, dass ihr nicht genügend Geld zur Verfügung habt. Erzählt mir doch von den Zuständen dort", bat sie freundlich. Sie musste lächeln, als sie an sein Gesicht dachte, in dem Moment in dem sie einen auf wohlerzogen machte. Natürlich hatte sie eine gute Erziehung genossen, aber sie mochte keinen Wert drauf legen, wenn man sie einsperren wollte. Sie war kein erbärmlicher Singvogel, der in einen Käfig gehörte und sie war auch kein schönes Blümchen, dass sich ein Lord als sein Ehefrauchen ins Knopfloch stecken konnte. Nein sie wollte mehr sein, sie war es eigentlich schon. Sie würde regieren, so wie sie es für richtig hielt, aber davor brauchte sie Leute, die sie zum richrigen Zeitpunkt unterstützen würden.

"Ich stecke so viel Geld in das Waisenhaus, wie ich erübrigen kann, doch die neuen Steuern und die Kosten der Soldaten, die ich für den König anheuern muss, überstiegen meine Erwartungen. Das Geld, dass das Waisenhaus erhält, reicht gerade mal um das Gebäude so imstande zu halten, dass es nicht zusammenfällt. Die Wände sie voller Holzwürmer und wir können auch nicht genügend Geld aufbringen um die morschen Bretter auszuwechseln. Nur diejenigen, die von selbst auseinanderfallen werden ersetzt und bei den Reparaturen selbst, kann es schon mal vorkommen, dass ein weiteres morsches Brett bricht. Erst gestern ist mir ebenfalls aufgefallen, dass ein grosser Querbalken anfängt abzusacken und Risse aufweist. Wenn dieser bricht, bricht auch ein Teil der südwestlichen Wand ein und wahrscheinlich auch ein Teil der Decke.
Essen erhalten wir teilweise von ein paar reicheren Handelsfamilien, doch das reicht nicht. Die Kinder haben ständig Hunger und die Älteren haben sich deswegen aufs Stehlen verlegt.", fasste Numair das ganze knapp zusammen. "Das Kind, das ihr uns übrigens gegeben habt, wird genau so behandelt werden, wie die anderen. Wir können uns keine Sonderbehandlung für ein kleines Mädchen leisten. Es sei denn ihr würdet dafür sorgen, dass das Waisenhaus genügend Geld hat um alle Misstände zu beheben."

Maeva lächelte dünn. "Ich erwarte keine Sonderbehandlung für das Kind", antwortete sie. "Ihr braucht also ein neues Gebäude rher als mehr Geld?", fragte sie nach und nahm einen weiteren Schluck Tee.

Numair nickte und schüttelte anschliessend den Kopf. "Wir brauchen beides gleich dringend. Was nützt den Kindern ein Dach über dem Kopf, wenn sie nichts zu essen haben?"

"Nun, ihr könntet das Geld, das ihr momentan für Reparaturen ausgebt in Nahrung und Kleidung für die Kinder investieren", meinte sie. Dann winkte sie den Butler heran. "Steht ein genug grosses Gebäude leer? Ich meine ausser in der Altstadt..."
Der Butler überlegte. "Da gäbe es tatsächlich eines. Es gehörte zum alten Kloster... Es befindet sich hinter dem Dom My Lady", antwortete der Diener.
"Gut. Gut", meinte sie und sah Earl Numair an. "Earl erzählt, habt ihr eine passende Lady gefunden?", fragte sie und der Butler schenkte Tee nach, währendem Maeva von einer Dienerin ein Stück Kuchen entgegen nahm. Ein weiteres wurde Numair serviert.

Auf was wollte dieses Mädchen raus? Hatte sie etwa vor den König dazu zu bringen ihn mit jemandem zu verheiraten. Bislang hatte er dieses Thema erfolgreich umgehen können. "Ich wüsste nicht, warum ich euch etwas zu dem Thema sagen sollte, doch nein. Ich bin bin nicht mit jemandem verlobt." Das er nicht verheiratet war, sollte ihr sicherlich bekannt sein. Ansonsten würde sie wohl kaum eine solche Bemerkung machen. Er nahm einen Bissen vom Kuchen und stellte dann den Teller zurück. "Was das Haus anbelangt... Ich werde es nehmen, solange ich nicht dafür bezahlen muss.", sagte Numair ruhig. Denn so etwas würde er sich schlicht einfach nicht leisten können.

"Nein, das werdet ihr nicht müssen, keine Angst. Der Rat bespricht diese Woche wievil Geld welchen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden sollen... Und wie ich den Rat und meinen Cousin kenne, wird das Waisenhaus nicht mehr bekommen... Darum dachte ich mir ihnen vorzuschlagen euch stattdessen ein neues Haus zur Verfügung zu stellen...", erklärte sie und nahm einen genüsslichen Bissen vom Kuchen, wobei sie wie ein bezauberndes, kleines Mädchen wirkte.
Das ganze Theater galt nicht dem Ear, der ihr Leid tat, da er wahrscheinlich wegen ihres unüblichen Verhaltens ziemlich durcheinander sein musste, sondern dem Butler und Dienern des Königs, die hier servierten.
"Ich würde noch ein paar andere Sachen im Privaten mit euch besprechen, wenn ihr noch Zeit und Geduld dafür hättet", meinte sie und lehnte sich mit einem freundlich verschwörerischen Lächeln vor.

"Ich wäre euch sehr dankbar, falls ihr dies bewerkstelligen könntet.", erwiderte er höflich und fügte hinzu, "Und selbstverständlich stehe ich euch für eine Besprechung zur Verfügung."

Sie nickte. "Lasst uns bitte allein", wandte sie sich höflich an die Dienerschaft und wartete, bis der Pavillon in dem sie sassen leer war. Die Diner hatten sich ausser Hörweite begeben.
Maeva entspannte sich ein wenig, aber nur ein wenig, da sie wusste, dass der Butler sie aus der Entfernung beobachtete.
"Ich will euch warnen Earl", begann sie. "Etwas geht in Loney vor, von dem nur sehr wenige etwas wissen. Ich gehöre leider nicht zu ihnen...", ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, "Seid vorsichtig wem ihr traut vom Hochadel... Und verzeiht, wenn ich so direkt wirke, aber genießt das Singleleben noch eine Weile. Der König hat vor, seine Allianzen zu stärken, die Treue seiner Lords und Ladys zu sichern. Wisst ihr... in drei Jahren werde ich gekrönt. Aber momentan läuft ein stiller Krieg über die Entscheidung wer im Hintergrund die Fäden ziehen wird. Mein Vater hielt viel von euch. Er wusste, dass die Treue der Lordschaften von Midvale ihm gehörte. Ich wäre froh, wenn ich dies später auch behaupten und glauben könnte... Versteht ihr worauf ich hinaus will?"