"Das klingt ja wie eine der Gruselgeschichten, die man sich bei Hofe erzählt.", brummte Numair und war sich nicht sicher ob sie ihn jetzt auf den Arm nahm oder nicht. Aber es war ja ehrlich gesagt auch egal. Er drehte sich ihr vollends zu. "Nun da ihr mein Neugierde befriedigt habt, will ich auch auf eure Frage eine Antwort geben. Der zweite Grund ist weitaus verzückender und sitzt genau vor mir, Mylady. Ich wollte euch Fragen, ob ihr mir die Ehre erweist euch zum Ball zur Sommersonnenwende begleiten zu dürfen." Das er vielleicht auch um ihre Hand anhalten wollte, war offensichtlich. Allerdings wäre es sehr unhöflich gewesen so direkt auf das Thema einzugehen. Es gehörte sich einfach, dass sie sich Zeit nahmen einander kennen zu lernen, falls sie sich nach dieser Zeit überhaupt noch sehen wollten, war hingegen eine andere Frage.

Sie musterte ihn und sah dann zu ihrem Vater, der tat, als hätte er nichts mitbekommen. "Ihr schmeichelt mir, Mylord", meinte sie freundlich. "Eigentlich hatte ich nicht vor zu gehen, aber da ihr mich so freundlich darum gebeten habt, kann ich euch schlicht nicht nein sagen."

Er lächelte, beglückt darüber, dass sie ihm keine harsche Abfuhr erteilt hatte. Es musste ja schon ein wenig überraschend für sie gewesen sein, dass er ohne jegliche Vorwarnung einfach auftauchte und sie bat ihn auf einen Ball zu begleiten. "Ich würde mich geehrt fühlen, wenn ich euch und eure Familie für ein paar Tage auf meine Ländereien einladen dürfte, Mylady. Zwei Wochen nach dem Neujahrsfest werden ein paar Freunde der Prinzessin zu mir kommen. Ich hoffe, dass auch Prinzessin Maeva anwesen sein wird." Während des Neujahrsfestes würde Numair sich allerdings bei Hofe aufhalten und schon jetzt wurde ihm ganz schlecht davon. Die Anhänger des Königs würden diese Gelegenheit sicherlich nicht ungenutzt lassen um noch ein paar andere Adelige zu umwerben.

Sie nickte, spähte zu ihrem Vater, der nichts sagte und meinte dann: "Es wäre uns eine grosse Freude, eure Gäste zu sein... Sagt, gefallen euch die Ländereien hier?"

"Ich habe noch keine Zeit gehabt mich genauer umzusehen.", erwiderte er. "Ehrlich gesagt bin ich zum ersten mal hier. Ich wurde am Hofe ausgebildet und habe fast meine gesamte Kindheit dort verbracht."

"Dann habt ihr jetzt die Gelegenheit dies nachzuholen. Wenn ihr wollt, lade ich euch zu einem Rundgang ein."

"Diese Einladung nehme ich mit Freuden an, Mylady.", erwiderte er mit einem Lächeln.

Sie lächelte und sah ihren Vater an. "Würdet ihr uns entschuldigen Vater?"
"Natürlich Liebes", meinte dieser lächelnd.
Linea erhob sich und wandte sich an ihren Gast. "Wenn ihr mir folgen würdet, Mylord."

Währendem Linea ihrem Gast den Hof und die Ländereien ihres Vaters zeigte, grübelte Maeva in Loney über ihr Rapier nach. Sie wollte eine leichte Waffe. Etwas mit dem sie schnell war und stechen konnte. Oder zusätzlich schneiden. Sie überlegte lange und schickte dann einen Herold los. Der Mann sollte verkünden, dass die Prinzessin eine neue Waffe suchte, eine wie es sie noch nicht gab. Ein Wettbewerb der Schmiede. Der Gewinner würde reichlich belohnt werden. Jeder Mann und jede Frau, die sich auf die Schmiedekunst verstanden, durften der Prinzessin ihre Waffen präsentieren - insofern sie den angegebenen Wünschen der Prinzessin entsprachen. Der Wettbewerb würde so lange dauern, bis Maeva eine Waffe in Händen hielt, die perfekt zu ihr passte und nicht so schnell zu Bruch ging wie ihr altes Rapier.

Numair stand auf und folgte ihr, als sie ihn über den Hofe führte. Sie plauderten ein wenig über ihre jeweilige Vergangenheit, blieben dabei aber bewusst oberflächlich. Der Lord von Midvale wollte sich ihr nicht öffnen und sie schien auch keine grosse Lust zu haben ihm besonders viel von ihr zu erzählen. Was nur verständlich war. Schliesslich hatten sie sich an dem Tag das erste Mal getroffen.